Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Munderkinger soll lebenslang in Haft
Staatsanwalt fordert Verurteilung wegen Mordes – Verteidiger plädiert auf Totschlag
- Vermutlich beinahe auf den Tag genau vor einem Jahr musste ein Sechsjähriger in Munderkingen sterben, weil sein Vater beschlossen hatte, sich selbst und den Jungen mithilfe eines Holzkohlegrills zu töten. Während der Sohn starb, überlebte der Vater und muss sich aktuell vor dem Landgericht in Ulm für die Tat verantworten. Am Montag haben Staatsanwalt und Verteidiger ihre Plädoyers vorgebracht. Staatsanwalt Oliver Chama fordert eine Verurteilung wegen Mordes. Verteidiger Thorsten Storp plädiert auf Totschlag.
Gleich mehrere Mordmerkmale sieht Staatsanwalt Oliver Chama im Fall des 43-jährigen Munderkingers erfüllt, der im vergangenen Juli seinen sechsjährigen Sohn im Schlaf mithilfe eines Holzkohlegrills vergiftet haben soll. Das Kind sei in der Situation völlig arglos gewesen, weil der Vater es ganz normal ins Bett gebracht hatte. „Für den Jungen war nicht zu erkennen, dass sein Leben in Gefahr war, so konnte er sich nicht retten“, betonte Chama. Damit sei das Mordmerkmal der Heimtücke erfüllt.
Immer wieder sei während der Verhandlung von einem versuchten sogenannten erweiterten Suizid die Rede gewesen. „Ein erweiterter Suizid liegt aber nur vor, wenn ein gemeinsamer Todeswunsch besteht. Ich gehe nicht davon aus, dass der Junge sterben wollte“, so der Staatsanwalt.
„Besondere Schwere der Schuld“
Dieser ist sich zudem sicher, dass der Vater seinen Sohn nicht getötet hat, um ihn vor der, wie er sagt, „lieblosen“Mutter zu schützen, sondern dass er sich vielmehr an der Ex-Frau dafür rächen wollte, dass sie das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das gemeinsame Kind eingeklagt hatte. Die Rache sei hier als niederer Beweggrund für die Tat zu werten, womit ein weiteres Mordmerkmal erfüllt sei. Chama regte auch an, die besondere Schwere der Schuld des nicht vorbestraften Angeklagten festzustellen. Folgen die Richter diesem Antrag, hätte der 43-Jährige nicht die Möglichkeit, nach 15 Jahren auf Bewährung freizukommen.
Rechtsanwältin Helma Awender, die die Kindsmutter als Nebenklägerin vertritt, schloss sich den Ausführungen des Staatsanwalts vollumfänglich an. Sie wies darauf hin, dass der Angeklagte während der gesamten Verhandlung keine Reue oder andere emotionale Regungen gezeigt habe. „Seine Motive sind nichtig und verwerflich“, so die Anwältin.
„Nicht jede vorsätzliche Tötung ist immer auch ein Mord“, betonte Verteidiger Thorsten Storp. Er verstehe, dass die Mutter des Kindes nur noch Hass für ihren Ex-Mann empfinde, aber ein Gericht müsse die Geschehnisse sachlich und ohne Emotionen bewerten. Storp betonte, dass sein Mandant tief verzweifelt gewesen sei, nachdem das Kind kurz vor der Tat der Mutter zugesprochen worden war. Die vom Sachverständigen diagnostizierte Anpassungsstörung habe beim Angeklagten zu einer verengten Sicht der Dinge geführt. „Das kann nicht unberücksichtigt bleiben“, so Storp.
Rache als Motiv überzeuge den Verteidiger nicht. „Das Kind war sein Lebensmittelpunkt, da reicht meiner Meinung nach bloße Rache als Motiv nicht, um es zu töten.“
„Ich beantrage die Verurteilung meines Mandanten wegen Totschlags mit einer Freiheitsstrafe nicht länger als zwölf Jahre“, schloss Storp.
Das letzte Wort gehörte am Ende des Verhandlungstags dem Angeklagten, der beteuerte, tatsächlich keine Erinnerung an die Tat zu haben. „Es tut mir leid, aber es kann keine Entschuldigung für das Geschehene geben“, so der 43-Jährige. Dass er keine Gefühlsregung während der Prozesstage gezeigt hatte, erklärte er damit, dass er sich in der Haft mit der Tat auseinandersetze und viele Gespräche mit der Gefängnisseelsorgerin führe. Das Urteil soll am kommenden Montag, 17. Juli, um 14 Uhr am Landgericht in Ulm gesprochen werden.