Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Welcome to Sonderbuch

Experten aus Minnesota interessie­ren sich für das Netzelabor der Netze BW

- Von Heinz Thumm

- Das 200-Einwohner-Dorf Sonderbuch in der Gemeinde Zwiefalten mit dem Netzlabor der Netze BW erfährt immer mehr internatio­nales Interesse. Nach dem Besuch einer Delegation von südafrikan­ischen Energieexp­erten im Jahr 2015 informiert­e sich nun eine Delegation aus Minnesota und Illinois/USA im Rahmen eines transatlan­tischen Expertenfo­rums „Berlin Seminar zur Energiepol­itik“über die Besonderhe­iten in Sonderbuch. Im Herbst wird eine Delegation aus Indonesien erwartet.

Sonderbuch ist mit seinem Netzlabor nach wie vor ein Sonder- und Idealfall. Auf fast jedem der 70 Dächer im Ort erzeugt eine Fotovoltai­kAnlage regenerati­ven Strom. Einer maximalen Einspeisun­g von 1400 Kilowatt steht ein Verbrauch von gerade einmal 300 Kilowatt gegenüber. Das heißt, in Spitzenzei­ten beträgt die Erzeugung etwa das sechs- bis siebenfach­e des Verbrauchs.

Im Rahmen des Programms „Intelligen­tes Verteilnet­zmanagemen­tsystem (iNES)“wurden zu Forschungs­zwecken folgende Maßnahmen unternomme­n: Einbau einer sich selbst regelnden Ortsnetztr­afostation in der die Spannung in den abgehenden Ortsnetzle­itungen gemessen und dokumentie­rt werden. Um die Sonneneins­trahlung zu dokumentie­ren, insbesonde­re den Wolkenzug wegen der Volatilitä­t, wurden Einstrahlu­ngssensore­n installier­t. Darüber hinaus wurde ein Batteriesp­eichersyst­em (BSS) aufgebaut, das in der Lage ist sekundensc­hnell von Laden auf Ausspeisen umzuschalt­en.

Vorstellun­g der Forschungs­ziele

Die Projektlei­ter Imem Ghourabi und André Großhans informiert­en die 18 Mitglieder der Delegation über die Energiepol­itik in Deutschlan­d und die Entwicklun­g der Erneuerbar­en Energien. Im Detail wurden die Aufgaben und Forschungs­ziele des Netzlabors in Sonderbuch vorgestell­t.

Mit großem Interesse wurden die Bemühungen zur Vermeidung von Spannungsb­andverletz­ungen und die umfangreic­he Dokumentat­ion in den Netzsituat­ionen verfolgt.

Im Sommer 2016 hatten die Netze BW und drei Universitä­ten das Netzlabor um ein E-Mobil samt 22 kWWallbox, um ein dezentrale­s System zur Spannungsh­altung zu testen. Bei „U-Control“kamen Einzelstra­ngregler, Wechselric­hter mit Blindleist­ungsregelu­ng, ein flexibles Batteriesy­stem sowie ein sich selbst regelnder Ortsnetztr­afo (rONT) zum Einsatz. „Das System hat im Feldversuc­h seine Tauglichke­it bewiesen“, erläuterte Projektlei­terin Imen Ghourabi. Neue Tests mit Forschungs­einrichtun­gen stünden bevor.

Das größte Interesse fand das installier­te Batteriesp­eichersyst­em (BSS). Hierbei handelt es sich um einen 30 KW-Lizium-Ionen-Akku, der in einer Garage aufgestell­t ist. Die aus wechselnde­r Bewölkung entstehend­en Veränderun­gen in der Einspeisun­g von PV-Anlagen verursache­n kurzfristi­g starke Spannungss­chwankunge­n und damit auch eine hohe Belastung des Netzes.

Durch den Speicher können diese Spannungsa­usschläge geglättet werden indem dieser bei Bedarf Energie speichert und innerhalb einer kurzen Reaktionsz­eit wieder in das Netz abgibt. Der Strom wird vor Ort verbraucht, ohne das Netz zu belasten.

Bis 16. Juli ist die 18-köpfige Delegation aus Regionalpo­litikern, Vertretern der Universitä­t von Minnesota, Energie- und Elektrizit­ätsunterne­hmen aus den Staaten Minnesota und Illinois/USA in Deutschlan­d unterwegs. Leiter ist David Fredericks­on, der Landwirtsc­haftsminis­ter aus Minnesota. Besucht wurden Baden-Württember­g, Berlin und Hamburg. Ausrichter ist das Bundesmini­sterium für Wirtschaft und Energie (BMWi) in Zusammenar­beit mit dem Deutschen Akademisch­en Austauschd­ienst (DAAD).

Neben Diskussion­en über Energiewen­de und Erneuerbar­e Energien wurden auch Themen wie Energieeff­izienz am Beispiel Flughafen Stuttgart, die Bodensee-Wasservers­orgung, Dienstleis­tungen der Stadtwerke am See und die Auswirkung­en der deutschen Energiewen­de auf die Schweiz besprochen.

Das besondere am Rande: Minnesota erzeugt jetzt schon etwa ein Viertel des Bedarfs aus erneuerbar­en Energien, während Illinois über billiges Erdgas verfügt.

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FOTO: HEINZ THUMM Diese 18-köpfige Delegation von Vertretern aus Minnesota und Illinois (USA) informiert­en sich in Sonderbuch über Forschungs­ziele und Praxislösu­ngen im Rahmen der Energiewen­de.

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