Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Deutschland sucht die Superwurst
Mistcapalas „Wurst statt Käse“schwelgt in Gesten, Worten und Tönen
- Mit einem geistreichen, ideenreichen, vor Lebens- und Interpretationsfreude überschäumenden Musikkabarett hat das Landsberger Quartett „Mistcapala“in der Grüninger Schlossscheuer Stürme der Begeisterung entfacht. Fetzig und feinsinnig, hintersinnig und spontan – die Wandlungsfähigkeit kannte keine Grenzen.
Ist die Passkontrolle etwas anderes als eine Basskontrolle, wenn eine Gruppe Musiker einen Kontrabass mit sich führt? Doch auch mit einem unterfränkischen Dudelsack kann man keinen Schweizer Grenzbeamten irreführen. Das Instrument klingt an der Grenze zusammen mit Gitarre, Akkordeon und Bass in melodischer Harmonie in ganz verschiedenen Stilrichtungen, in die das Publikum in der prall gefüllten Scheuer sofort einspringt bis zum überragenden „Ricola holladihü“.
Armin Federl, Vitus Fichtl, Tom Hake und Tobias Klug sind vier temperamentvolle, mit Spielfreude zum Bersten gefüllte Vollblutmusiker, die ihre Zuhörer begeistern und mitreißen. In ihrem Liederwettbewerb ist ein Akkordeon zwar keine Schreibmaschine, wie man wegen der Tasten meinen könnte, doch vielleicht wäre sie auch manches mal besser als ein Sechser im Lotto mit Zusatzzahl.
Die vier Sänger mit tollen, bis ins Feinste schräg austarierten Melodien, Akkorden und Verknüpfungen sind mit ihren Ideen stets sehr nah am Thema. „Warum”, so fragen sie, „setzt man keine Drehleier ein, wenn es darum geht zu finden eine Brücke aus Stein so richtig über den Main?” Nicht weniger kapriziös ihre Ballade vom Abschied von schönen Augen, Dachgeschoss und Model, doch „wie krieg ich Obertrottel diese Kuh nun wieder los“?
Mit dem ältesten elektronischen Instrument der Neuzeit müsste aktuell doch was zu machen sein. Doch beide Hände dürfen sich nicht berühren, denn schon bei Hitchcocks Filmen erzeugte es Gruselmomente ohne Tastatur, dieweil das Instrument nur von einem Terminator mit 220 Volt Wechselstrom zu spielen ist. Köstliche Persiflagen auf das Liebeslied vom Birnbaum am Havelstrand oder einer Facebookanzeige: „Bin über 50, leb’ noch bei Mami, klick mi, i wär so gern dein Freund mit Ferien am Swimmingpool in Namibia.” Dabei sei das kein Bananenwitz, der beim Kunden nachreift.
„Deutschland sucht die Superwurst” geisterte immer wieder durch das prall gefüllte Programm der Wurststadt. Was hat sie mit Käse zu tun, oder welche Rolle spielt Ronny Rakete, oder was haben Mormonen mit Hormonen am Hut? Eine mitreißende Show, satirisch, intelligent, mit viel Beifall gewürdigt.
Im Kursaal zu Grüningen
„Aus Böhmen kommt die Musik“behauptete das Quartett, doch was Mistcapala „im original tschechischen Kursaal zu Grüningen” auch mit sauberer Instrumentenbeherrschung daraus machte, war schlichtweg atemberaubend. Hintersinnig tieftraurig die böhmische Rhapsodie: „Mama, hätt i nur auf dich g’hört, Mama, jetzt muß i aufs Clo” sängerisch und instrumental ein mitreißendes Meisterstück.
Auch Mörike vor Spott nicht sicher
Auch Eduard Mörike ist mit seinem blauen Band vor den Kabarettisten nicht sicher, das Publikum ergötzt sich blendend ob geistreich-ironischer Variationen. Doch auch Heinz Erhardt kann nicht da sein, wenngleich sein Geist durch die Scheune weht. Vom Oktoberfest in Ingolstadt lässt sich mit dem Supersong „Wurst statt Käse“mühelos ein Bogen spannen in den ganz, ganz fernen Osten, in dem ein Kranich die Morgenröte begrüßt.
Spaß und Können vereinen sich in herrlichem Sound, mit dem sich Mistcapala in einer mittelalterlich überschäumenden Zugabe vom Publikum verabschiedet, das die vier Kabarettisten auch mit tosendem Beifall nur ungern ziehen lässt.