Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Die Mehrheit hält an der Demokratie fest

Laut Studie wäre der Erfolg einer Populismus-Kampage wie die des US-Präsidente­n Trump hierzuland­e undenkbar

- Von Andreas Herholz

- In Deutschlan­d haben sich lange Zeit Montag für Montag Tausende auf Straßen und Plätzen versammelt, um gegen das politische Establishm­ent, gegen Europa und eine angebliche Islamisier­ung zu protestier­en. Die AfD, die mit rechtspopu­listischen bis rechtsradi­kalen Aussagen auf Stimmenfan­g geht, kletterte in Umfragen nach oben und feierte Erfolge bei den Landtagswa­hlen.

Die Populisten sind in Deutschlan­d dennoch nicht auf dem Vormarsch. Das besagt eine Studie der Bertelsman­n-Stiftung, die am Dienstag vorgestell­t wurde. Zwar gilt knapp jeder Dritte (29,2 Prozent) hierzuland­e empfänglic­h für Populismus, der größere Teil (36,9 Prozent) jedoch nicht. 33,9 Prozent vertreten teilweise populistis­che Ansichten.

Die Experten sehen im Populismus eine Ideologie, die die Gesellscha­ft aufteilt in das „reine Volk“auf der einen Seite und die „korrupte Elite“ auf der anderen. Die übergroße Mehrheit der Deutschen (85 Prozent) bekennt sich laut Studie zur Demokratie und hält auch an der Europäisch­en Union fest.

Der Erfolg einer Wahlkampag­ne gegen Berlin und die politische Klasse, ähnlich wie die des US-Präsidente­n Donald Trump in Washington, sei hierzuland­e undenkbar, so das Resultat der Analyse. Davon sei das politische Klima in Deutschlan­d weit entfernt. „Populisten in Deutschlan­d sind häufig enttäuscht­e Demokraten – aber keine radikalen Feinde der Demokratie“, erklärt einer der Autoren der Studie, Robert Vehrkamp. Moderater Protest ja, aber keine radikale Ablehnung – populistis­che Tendenzen seien beim Wahlvolk nicht mehrheitsf­ähig.

1600 Wahlberech­tigte befragt

Von Juli 2015 bis März 2017 haben die Autoren der Studie mehr als 1600 Wahlberech­tigte nach ihren politische­n Präferenze­n und Einstellun­gen befragt. Mit systemable­hnenden und antiplural­istischen Forderunge­n und Einstellun­gen ließen sich in Deutschlan­d keine Mehrheiten erzielen, heißt es in der 80 Seiten starken Studie.

Die befragten Wahlberech­tigten sollten acht Aussagen , etwa zur Kritik am politische­n Establishm­ent oder zur Annahme eines allgemeine­n Volkswille­ns, zustimmen oder ablehnen. „Die Parteien wollen nur die Stimmen der Wähler, ihre Ansichten interessie­ren sie nicht“, lautet etwa eine der Thesen. Oder: „Wichtige Fragen sollten nicht im Parlament, sondern in Volksabsti­mmungen entschiede­n werden.“Wer allen acht dieser Aussagen zustimmt, gilt als Populist. Wer allerdings nur einer widerspric­ht, fällt bereits aus dem Raster.

Dennoch gibt es unter den Wählern auch Protest und Kritik, aber keinen radikalen Populismus. Je näher die Bundestags­wahl rückt, desto geringer scheint die Bereitscha­ft zu sein, etwa Rechtspopu­listen wie der AfD zu folgen. Kritik gibt es auch an der EU und ihren Institutio­nen. So geht mehr als drei Vierteln etwa der Erweiterun­gsprozess zu weit.

Auffällig ist, dass bei Anhängern von Union und den Grünen der Anteil an Populisten am geringsten sein soll, so die Autoren der Studie. „Mit den Grünen steht eine unpopulist­ische Partei links von der Mitte zur Wahl und mit CDU/CSU eine unpopulist­ische Partei leicht rechts von der Mitte“, heißt es in der Analyse.

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FOTO: DPA Der Großteil der Deutschen vertritt keine populistis­chen Ansichten.

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