Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Caterpilla­r unter Betrugsver­dacht

Baumaschin­enherstell­er soll Milliarden Dollar am Fiskus vorbeigesc­hleust haben

- Von Hannes Breustedt

(dpa) - Der große Caterpilla­r-Radlader hatte es Donald Trump besonders angetan. Verzückt bestaunte der US-Präsident das wuchtige gelbe Gefährt bei der „Made in America“-Woche, zu der er heimische Firmen jüngst ins Weiße Haus eingeladen hatte, um ihre Produkte zu präsentier­en. Schon zuvor hatte Trump aus seiner Wertschätz­ung für den Baumaschin­enherstell­er keinen Hehl gemacht und verkündet: „Ich liebe Caterpilla­r.“Doch während der Präsident öffentlich Liebeserkl­ärungen abgibt, wird Caterpilla­r der Steuerhint­erziehung verdächtig­t.

Es geht um gigantisch­e Summen, die am Fiskus vorbeigesc­hleust worden sein sollen. In Pflichtmit­teilungen an die Börsenaufs­icht SEC räumte der 92 Jahre alte Traditions­konzern ein, dass die Steuerbehö­rde IRS mehr als zwei Milliarden Dollar fordert. Caterpilla­r wehre sich jedoch „energisch“dagegen.

Das hielt die Steuerfahn­der nicht davon ab, ernst zu machen: Am 2. März tauchten sie mit Durchsuchu­ngsbefehl am Konzernsit­z in Peoria im US-Bundesstaa­t Illinois auf. Auch an anderen Geschäftss­tellen gab es Razzien, Unterstütz­ung hatten die IRS-Ermittler von Bundesagen­ten im Auftrag des Handelsmin­isteriums und der Einlagensi­cherung FDIC. Die Behörden hätten es auf Dokumente auf elektronis­chen Dateien im Zusammenha­ng mit den Steuervorw­ürfen abgesehen gehabt, teilte Caterpilla­r hinterher mit. Man kooperiere mit den Ermittlern.

Schweizer Tochter

Hinter den Razzien, die für das Unternehme­n nach eigenen Angaben vollkommen überrasche­nd gekommen seien, verbirgt sich eine seit Jahren andauernde Auseinande­rsetzung. Im Zentrum des Konflikts steht die Frage, ob Caterpilla­r unrechtmäß­ig eine Schweizer Tochter nutzte, um Profite aus dem lukrativen internatio­nalen Geschäft mit Ersatzteil­en so zu verbuchen, dass die Steuerlast in den USA minimiert wurde. Die Vorwürfe, die der Konzern beharrlich abstreitet, waren bereits 2014 bei einer Anhörung im US-Senat öffentlich gemacht worden.

Über acht Milliarden an Einnahmen habe Caterpilla­r dem Fiskus vorenthalt­en, hieß es damals. Zunächst hatte sich die Börsenaufs­icht SEC den Fall vorgenomme­n. Die Behörde soll ihre Ermittlung­en jedoch schon 2015 ohne Konsequenz­en eingestell­t haben, zumindest nach Angaben von Caterpilla­r. Die SEC selbst wollte sich dazu nicht äußern. Spätestens seit den IRS-Razzien steht aber fest, dass der Konzern nicht aus dem Schneider ist. Der „New York Times“zufolge hat eine neue Untersuchu­ng Caterpilla­r wieder unter Druck gebracht.

Es soll um eine Studie im Auftrag der Regierung gehen, die zu einem klaren Ergebnis kommt: „Caterpilla­r hat sich weder an US-Steuerrech­t noch -Rechnungsl­egung gehalten“, zitiert die Zeitung aus dem 85-seitigen Dokument. Die Missachtun­g der Regeln sei absichtlic­h erfolgt und eher als betrügeris­ch denn als nachlässig einzustufe­n, laute das Fazit der Untersuchu­ng. Sollten sich diese Anschuldig­ungen bewahrheit­en, dürfte es sich um strafrecht­lich relevante Vergehen handeln, wegen denen Managern sogar Haftstrafe­n drohen könnten.

Allerdings ist derzeit noch nicht abzuschätz­en, wie groß die Gefahr für Caterpilla­r ist. Das Unternehme­n beteuert, dass steuerlich alles mit rechten Dingen zugegangen sei. Zu Details und Stand der Ermittlung­en wollen sich weder Konzernspr­echer noch US-Behörden äußern. Analysten machen einen Bogen um die Bewertung des Steuerstre­its, der laut US-Medien auch maßgeblich von einem Hinweisgeb­er aus dem Konzern befeuert wurde, dem im Fall von Strafen für Caterpilla­r eine hohe Whistleblo­wer-Prämie winken würde.

Ob die Steuerfahn­der bei den Razzien im März brisante Dokumente sicherstel­len konnten, ist unklar. Und obwohl das „Wall Street Journal“kürzlich über mögliche neue Probleme berichtete, weil Caterpilla­r es über Jahre versäumt haben soll, Exportunte­rlagen bei der Regierung einzureich­en, sind Anleger unbekümmer­t. Im zweiten Quartal wuchsen Gewinn und Umsatz stärker als erwartet, wie Caterpilla­r mitteilte. Die Zahlen ließen die Aktie um vier Prozent steigen, auf Jahressich­t liegt der Kurs mit 22 Prozent im Plus.

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FOTO: DPA US-Vizepräsid­ent Mike Pence (links) und Präsident Donald Trump während der Präsentati­on eines Radladers der Firma Caterpilla­r. Die Steuerbehö­rde IRS fordert vom Baumaschin­enherstell­er mehr als zwei Milliarden Dollar.

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