Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Einmaliger Einblick
Meine Brüder und Schwestern in Nordkorea (Mi.,
ARD, 22.45 Uhr) – Eines muss dem Zuschauer klar sein: Dies ist keine Dokumentation mit objektivem Ansatz. Kann es nicht sein, denn wer im diktatorischen Nordkorea einen Film drehen möchte, dem werden Gesprächspartner, die zu stellenden Fragen und der Drehort vorgegeben. Dennoch bietet der Film einen einmaligen Einblick in das Land, das sich und seine Bewohner weltweit am radikalsten abschottet. Nordkoreaner werden seit fast 70 Jahren einer ideologischen Gehirnwäsche unterzogen, führen ein Leben, das in seiner ständigen Bevormundung unserem nicht fremder sein könnte. Und doch ist das Land keine Ansammlung von Dumpfbacken, die nicht in der Lage wären, sich eigene Gedanken zu machen. Dass sie diese ansatzweise auch mitteilen, ist der in Südkorea aufgewachsenen Regisseurin Sung-Hyung Cho zu verdanken. Sie ist heute Professorin an der Hochschule Saarbrücken und musste, um diesen Film zu drehen, ihre südkoreanische Staatsbürgerschaft aufgeben. Mit dem gebührenden Respekt löst sie ihren Gesprächspartnern die Zunge, ohne sie bloßzustellen. Wer genau hinhört, kann die richtigen Rückschlüsse ziehen. Zum Beispiel, wenn ein Bauer erzählt, dass der Führer die Hasen im Haus untergebracht wissen will – damit sie nicht verhungern. Schade nur, dass sich für diese bewegende Doku nicht ein früherer Sendeplatz gefunden hat.