Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Spanisches Feuerwerk
Antonio Méndez und Javier Perianes beflügeln die Wiener Symphoniker
- Draußen auf der Seebühne gibt es mit Bizets „Carmen“bekanntlich französische Musik mit spanischem Flair. Im ersten Orchesterkonzert blieben die Wiener Symphoniker dieser Linie treu und brachten mit dem jungen Dirigenten Antonio Méndez und dem Pianisten Javier Perianes spanischen Originalklang ins Festspielhaus.
Die Begeisterung für das spanische Nachbarland hat nicht nur den Schöpfer der „Carmen“inspiriert, auch Debussy und Ravel tauchten ein in die Musik der spanischen Folklore, ließen sich anstecken von Kastagnetten, wirbelnden Rhythmen und Schellentrommeln. Umgekehrt lebten spanische Komponisten wie Manuel de Falla in der musikalischen Weltstadt Paris – Synergien und Netzwerke waren schon damals angesagt, indem de Falla engen künstlerischen Austausch mit Debussy und Dukas pflegte.
Für die Wiener Symphoniker und den 33-jährigen Mallorquiner Antonio Méndez, der in Madrid und Deutschland studierte, bot das Programm reiche Gelegenheit, Virtuosität und Farbenreichtum vereint mit zahlreichen Soli zu präsentieren – und das neben den täglichen Opernvorstellungen mit „Carmen“und „Moses in Ägypten“!
Bei Claude Debussys „Iberia“, den drei Bildern für Orchester, wirkten das Flanieren in den Gassen oder die schwebenden Rhythmen noch etwas steif, im langsamen Mittelsatz aber entfaltete sich das zauberische Flair der Klangfarben. Die Schilderung des Festtagsmorgens im dritten Satz dann brachte Glanz und Licht. Mit Manuel de Fallas „Nächte in spanischen Gärten“stellte sich erstmals der Pianist Javier Perianes vor: entstanden sind die „Noches“während der so erfolgreichen, aber auch von Sehnsucht erfüllten Pariser Jahre des Komponisten. Atmosphäre, Volkslieder, Rhythmen, Verzierungen sind eingefangen, das Soloklavier wirkt wie eine weitere Klangfarbe im Orchester. Gleichwohl ist der Solopart rauschhaft und intensiv, mit seiner Anschlagskultur und der engen Verbindung mit dem Orchester harmonierte Javier Perianes mit dem Dirigenten und den Solobläsern.
Virtuoser Pianist
Ganz andere Farben und Aspekte seines pianistischen Könnens brachte er in Maurice Ravels G-Dur-Klavierkonzert nach der Pause: Es ist im Orchester kleiner, kammermusikalischer besetzt, und wird getragen von hoher Energie und jazzigen wie spanischen Impulsen. Perianes’ Spiel ist transparent, federnd, manchmal auch hämmernd, aber nie grob. Im Mittelpunkt steht ein wunderbar schräger langsamer Walzer mit gleichbleibenden Figuren der linken Hand, über denen er ein Gespinst zarter Melodien entwickelt und das Orchester ihn ebenso zart wie inspiriert begleitet. Umso spritziger und virtuoser ist der Finalsatz. In seiner Zugabe, dem „Feuertanz“aus „El amor brujo“(Der Liebeszauber) von Manuel de Falla brachte er schließlich die perfekte Verbindung von Virtuosität und poetischem Spiel.
In de Fallas Ballett „Der Dreispitz“geht es um einen großspurigen Regierungsstatthalter, der mit einem ebensolchen Hut geziert ist, aber trotz seines hohen Amtes glücklos um eine schöne Müllerin wirbt. Es bietet Gelegenheit für verschiedenste Charaktertänze, rauschende Feste, charmante Porträts, aber eben auch für üppige Klangfarben mit der ganzen Palette des Orchesters. Schlagwerker, Harfen, Celesta, Trompete, Horn, Flöte, das kecke Fagott oder das fein näselnde Englischhorn, Solovioline und den ganzen satten Streicherapparat lockte der Dirigent die Wiener Symphoniker mit klarer Körpersprache und Temperament zu feuriger Interpretation.