Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Desaster für die Republikaner
Abschaffung der US-Gesundheitsreform Obamacare erneut gescheitert – McCains Nein-Stimme gibt Ausschlag
WASHINGTON - Das Ende einer langen und dramatischen Schlacht kam still. Mit langsamen Schritten ging John McCain, der Senator, der erst am Dienstag nach einer Krebsoperation nach Washington zurückgekehrt war, durch den historischen Senatssaal des Kapitols bis zum Podium. Dort angekommen hob er den Arm, hielt ihn einen Moment lang still – und senkte dann den Daumen. Mit McCains Nein-Stimme ist der Versuch der Republikaner und des Präsidenten gescheitert, die Gesundheitsreform des verhassten Vorgängers Barack Obama durch ein neues Gesetz zu ersetzen.
49 Ja-Stimmen, 51 dagegen. Die Ablehnung des Senators aus Arizona gab den Ausschlag. „Drei Republikaner und 48 Demokraten haben das amerikanische Volk im Stich gelassen“, twitterte Donald Trump um kurz vor halb drei Uhr nachts.
Für die Republikaner, die sieben Jahre lang gegen Obamacare gewettert hatten, ist das Ergebnis ein Desaster. Nicht nur, weil sie sich ihren Wählern als politisch handlungsunfähig präsentiert haben. Trump und die Parteiführung haben den Gesetzgebungsprozess in den vergangenen Wochen zur Farce gemacht: mit Verfahrenstricks, Drohungen gegen Abweichler und Missachtung demokratischer Spielregeln. Obamas Krankenversicherung sollte von innen ausgehöhlt werden: Versicherungspflicht weitgehend abschaffen, Gelder für die Schwangerschaftsberatung Planned Parenthood, die gerade in ländlichen Regionen ein wichtiger Anbieter von medizinischen Diensten ist, aussetzen. Nach Berechnungen des unabhängigen Budgetbüros des Kongresses hätte das Gesetz 15 Millionen Menschen den Versicherungsschutz gekostet und die Prämien wären um 20 Prozent gestiegen. Selbst die Versicherungsbranche warnte, dass die Skelett-Reform den Markt destabilisieren würde.
Dass diese Reform der Reform nichts taugte, fanden auch viele Republikaner. McCain und die beiden Senatorinnen aus Maine und Alaska, Susan Collins und Lisa Murkowski, spielten nicht mit. Murkowski ließ sich nicht einmal dadurch einschüchtern, dass ihr das Weiße Haus mit Konsequenzen für ihren Bundesstaat drohte und Trump sie auf Twitter persönlich attackierte.
Vorstoß von Schumer
McCain plädierte dafür, nun gemeinsam mit den Demokraten eine bessere Lösung zu finden, die die Defizite von Obamacare beseitigt. Topdemokrat Chuck Schumer hat der Regierungspartei eine Zusammenarbeit bei der Verbesserung des Gesundheitssystems angeboten. „Ich bin optimistisch, dass das geschieht“, sagte Schumer am Freitag in Washington. „Wir sollten uns zusammensetzen.“Niemand habe gesagt, dass Obamacare perfekt sei. „Wir sollten es stabilisieren, verbessern, aber nicht ein Messer nehmen, um es zu zerstören.“