Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Das Traumduo vom See

Julia Sude und Chantal Laboureur peilen bei der Beachvolle­yball-WM eine Medaille an

- Von Jürgen Schattmann

Nach dem ersten Sprung ihrer spektakulä­ren Flugshow musste sich (Foto: dpa) erst einmal orientiere­n. „Bin ich Erste?“, fragte die Klippenspr­ingerin nach dem ersten WM-Durchgang in Budapest, „es war ein brillanter Start.“Ja, war sie. Mit 67,60 Punkten nach zwei Runden übernahm sie die Führung. Danach suchte die 33-Jährige auf der Tribüne nach ihrer Tochter: „Meine Mutter sitzt da drüben, vielleicht hat sie sie, vielleicht ist sie auch mit ihrer anderen Oma im Hotel und schläft.“Die dritte Weltmeiste­rschaft ist für die Extremspor­tlerin eine besondere. Erstmals ist die zehn Monate alte Roksana dabei, erstmals stürzt sich Bader als Mutter aus 20 Metern in die Tiefe. Wie groß ihre Chancen auf ihre zweite WM-Medaille ist, weiß sie selbst nicht so genau. „Es kommen noch ein leichter und zwei schwierige Sprünge“, erklärte sie. Nach ihrer Pause hat sie den Schwierigk­eitsgrad zurückgesc­hraubt, „das funktionie­rt bisher ganz gut“. (SID)

Anna Bader

Der Karlsruher Tennisprof­i

Yannick Hanfmann

(Foto: dpa) hat zum ersten Mal in seiner Karriere ein Halbfinale bei einem ATPTurnier erreicht. In Gstaad besiegte der 25-Jährige den an Nummer acht gesetzten Portugiese­n Joao Sousa mit 6:7 (10:12), 6:2, 6:2. Im Achtelfina­le hatte der Karlsruher bereits den an Nummer drei gesetzten Spanier Feliciano Lopez aus dem Turnier geworfen. Hanfmann, die Nummer 170 der Welt, hatte im Mai in München bei seinem ersten ATP-Start überhaupt die Runde der letzten Acht erreicht. In Stuttgart war es für ihn im Juni bis ins Achtelfina­le gegangen. (SID)

– Der 18. August 2016 dürfte ein seltsamer Tag gewesen sein für Julia Sude und Chantal Laboureur. Am Copacabana­strand in Rio, dem Tempel ihrer Sportart, holten Laura Ludwig und Kira Walkenhors­t Olympiagol­d im Beachvolle­yball. Sude und Laboureur weilten in Long Beach im Trainingsl­ager und schauten am Fernsehen zu, wie da jemand ihren eigenen Traum verwirklic­hte. Sude hatte 2014 einmal ein halbes Jahr mit Ludwig gespielt, Laboureur war einst mit Walkenhors­t sogar Junioren-Weltmeiste­rin geworden. Rio aber hatten die Friedrichs­hafenerinn­en zwei Monate zuvor knapp verpasst, und mit dem Trostpreis, vielleicht die besten deutschen Sportler zu sein, die nicht bei Olympia starten, konnten sie naturgemäß nicht viel anfangen. Mitgefiebe­rt habe man dennoch. „Klar haben wir uns gefreut, und für unsere Sportart bedeutet das einen großen Aufschwung. Ich kenne viele Leute, die neuerdings in der Türkei und Ägypten Beach-Camps buchen, weil sie keine Lust mehr drauf haben, acht Tage lang nur in der Sonne zu liegen“, sagt Sude.

Auch die 29-jährige Blockerin und Laboureur, 27, eine der besten Abwehrspie­lerinnen der Welt, sind weiter im Kommen. Nur kurz hielt der Frust an, „dass wir bis zu den Spielen 2020 in Tokio weitermach­en, stand nie in Frage“, sagt Sude. Einen Monat später gewannen sie in Porec ihr erstes Major-Turnier, am Jahresende waren sie die Nr. 5 der Welt, nach dem Triumph vor drei Wochen in Gstaad kletterten sie sogar auf Rang 2. „Das war unglaublic­h, unser größter Sieg bisher. Wir haben gegen zwei Teams zum ersten Mal gewonnen“, sagt Laboureur – etwa gegen die Brasiliane­rinnen Larissa/Talita, die in Rio Vierte wurden und die Weltrangli­ste anführen.

Wenn das neue Traumduo vom Bodensee, das 2013 eher zufällig zusammenka­m („Chantal suchte eine neue Partnerin und rief mich an“) und seither am Olympiastü­tzpunkt in Stuttgart trainiert, heute in die zehntägige WM auf der Wiener Donauinsel einsteigt, gehört es also erstmals zu den Favoriten. „Bisher waren wir ja eher die Underdogs, wir werden uns an die Rolle gewöhnen müssen“, sagt Sude. Öffentlich peilen sie einen Top-Five-Platz an, „aber es kann auch gerne eine Medaille sein“, fügt Sude an – dafür müssten sie allerdings auch die Rio-Siegerinne­n nach zwei knappen Niederlage­n zuletzt einmal schlagen. Es wäre eine Premiere.

Reiseetat von 50 000 Euro

Nur zum Spaß spielen auch Beachvolle­yballer nicht. Sude genießt zwar das Leben auf der Tour („Einen festen Wohnsitz habe ich eigentlich nicht – doch: den Flughafen“), sie weiß, dass sie ein abwechslun­gsreiches Leben führt, von dem viele jungen Mädchen träumen. Aber sie weiß auch, wieviel sie investiert hat: „Chantal und ich haben uns alles selbst aufgebaut, so viel Blut und Schweiß reingelegt, da will man auch was zurückkomm­en“. Zudem sind die Zeiten für Beachvolle­yballer nicht besser geworden. Zwar wird die WM ab dem Viertelfin­ale erstmals live bei ARD und ZDF übertragen, die Preisgelde­r auf der Tour aber seien durch den Ausstieg eines Sponsors um 40 Prozent eingebroch­en, sagt Sude. Auch einer ihrer Geldgeber stieg im Vorjahr aus – um den Reiseetat von 50 000 Euro zu decken, zahlten die Sportler am Ende drauf. „Und wenn du wie wir versuchst, immer besser und profession­eller zu werden, auch noch einen Athletik- und Mentaltrai­ner und eine Ernähnungs­beraterin dazu nimmst, nimmt die Verantwort­ung nicht gerade ab“, sagt Sude.

Besserung ist immerhin in Sicht: Nach einer langen Debatte gab der Deutsche Volleyball­verband Sude und Laboureur den Status als Nationalte­am und übernimmt damit die Reisekoste­n für die größten Events, die Physiobetr­euung und die Scouts. Vorerst jedenfalls, bis Saisonende, denn eigentlich würde der Verband gerne im Zuge der Umstruktur­ierung im DOSB alle Spitzentea­ms selbst an seinem Stützpunkt in Hamburg betreuen – der dortige Bundestrai­ner ist pikanterwe­ise Ludwigs Freund.

Sudes Vater ist der „Mr. Volleyball“

Es gibt eine große Diskussion im deutschen Sport, ob man Athleten dazu zwingen kann, ihre Familien, festen Strukturen und tradierten Umfelder zu verlassen, im Volleyball scheint im Gegensatz zum Schwimmen inzwischen die Vernunft zu siegen. Ludwig/Walkenhors­t waren die erste Ausnahme, Sude/Laboureur, das zweite Selfmade-Weltklasse­paar, folgten – auch aus berufliche­n Gründen. Laboureur, die in Friedrichs­hafen geboren wurde und bereits mit 15 ans Leistungsz­entrum nach Heidelberg zog, studiert Medizin in Tübingen. Sude hat am Neckar ein Zahnmedizi­nstudium begonnen. Und den Athleten das Berufslebe­n vermasseln, wollte der Verband dann doch nicht.

Sude folgt mit ihrer zweiten Passion damit erneut ihrem Vater Burkhard. Der 59-Jährige ist Zahnarzt in Neukirch bei Tettnang – und trägt als 203-maliger Nationalsp­ieler den Kampfnamen Mr. Volleyball. Drei Jahre lang spielte Sude einst beim VfB, später trainierte er Bundesligi­st Saulgau. In den 80er-Jahren war er zudem einer der Pioniere des Beachvolle­yballs im Land, bei „Wetten, dass ...“schlug er einmal im Alleingang ein sechsköpfi­ges Verbandsli­gateam. So weit ist die Tochter, die mit vier Jahren an den See kam, noch nicht, aber in seine Fußstapfen tritt sie gerne: „Was Papi alles geschafft und unter einen Hut bekommen hat, ist Wahnsinn.“Noch hängt zuhause nur die gigantisch­e Kuhglocke, die es für den Sieg in Gstaad gab. Aber am 6. August könnte Julia Sude den Vater toppen. Weltmeiste­r war Burkhard Sude nie.

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FOTOS: DPA Der Sand ist ihr Metier – Chantal Laboureur (r) und Julia Sude in Aktion.
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In Gstaad konnte das Duo seinen größten Sieg bejubeln.
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