Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
„Wir wollen klare Botschaften senden“
Maximo-Park-Sänger Paul Smith über das neue Album und den Wandel in der Musikindustrie
Die Musikindustrie ist seit Jahren im Wandel. Die Künstler verdienen immer weniger Geld durch Plattenverkäufe. Illegale Downloads und legale Streaming-Dienste setzen sie finanziell unter Druck. Doch die Entwicklung hat auch Vorteile, sagt Maximo-Park-Sänger Paul Smith. Welche das sind, und welchen musikalischen Wandel seine Band mit dem aktuellen Album vollzieht, hat er Kara Ballarin erzählt.
Auf dem Streaming-Dienst Spotify gibt es zu eurem im April erschienenen Album „Risk to Exist“eine Art Gebrauchsanleitung – zu jedem Lied erklären Sie einige Hintergründe. Schöne neue Digitalwelt?
Ich habe da auch gemischte Gefühle. Aber als ich aufgewachsen bin, liebte ich Musik. Alle Informationen zu meinen Lieblingsbands fand ich ausschließlich auf den Booklets oder in Interviews mit den Künstlern in Zeitungen. Als ich 16 oder 17 war, kam das Internet, und plötzlich wurde es möglich, viel mehr zu erfahren. Als Kind hätte ich es geliebt, wenn ich meinen Lieblingskünstlern dabei hätte zuhören können, wie sie über ihre Lieder reden. Heute gibt es viel direktere Verbindungen zwischen Musikern und Zuhörern.
Jetzt seid ihr die Künstler, die den digitalen Weg zu ihren Fans suchen. Warum ist das wichtig?
Ich möchte persönlich mit den Menschen kommunizieren. Das hilft dabei, ein klareres Bild davon zu vermitteln, wer Du bist und wofür Du stehst. Und es gibt mir die Möglichkeit, Dinge zu erklären. Wir haben uns in unserer Bandgeschichte ja ziemlich verändert. Es ist gut, die Leute dabei mitzunehmen, um das erklären zu können.
Mit „Risk to Exist“habt ihr ein Album geschaffen, das sich deutlich von Euren Durchbruch-Alben „A Certain Trigger“und „Our Earthly Pleasures“unterscheidet. Gibt es Konstanten bei Maximo Park?
Das Album hat einen ruhigeren Puls, ist aber dennoch energiegeladen und ein bisschen kantig. Unser Markenkern ist mein Gesang, mein eindeutiger, authentischer Akzent. Und die Mischung aus musikalischem Instinkt und euphorischer Popmusik. Das ist ein Handwerk: Wir setzen uns hin und schreiben Lieder – und dabei achten wir darauf, dass die Rahmenbedingungen beim Entstehungsprozess und bei den Aufnahmen gut sind. Wenn wir ein Lied aufnehmen, fragen wir uns hinterher immer: Gibt es dem Zuhörer etwas? Findet er einen Zugang zum Lied?
Wie wichtig sind dafür die Songtexte?
Die Texte, die ich schreibe, kommen von meinem Herzen. Bei manchen früheren Liedern von uns waren die Texte mehrdeutig. Aber in unserer heutigen Zeit ist kein Platz für Mehrdeutigkeit. Wir wollen klare Botschaften senden, ohne dabei in Klischees zu verfallen. Um diese Botschaften zu transportieren, treten wir auf. Ich mag es, dafür auf der Bühne zu stehen. Unsere Musik, unsere Auftritte und unser Artwork sind nur Werkzeuge. Ich hasse es, fotografiert zu werden, und noch mehr hasse ich es, mich auf Videos zu sehen. Aber das gehört eben auch dazu, um unsere Botschaften an die Leute zu bringen.
Wie passt das zu einem Lied wie „I’ll be around“auf der neuen Platte? Darin heißt es: „Wenn die Zeiten hart werden und die Regierung die Haftung verliert, bin ich da“. Klingt eher nach Rückzug ins Private als nach Revolution.
Nicht unbedingt, denn „Ich bin da“kann auch für mehr Menschen gelten als nur für einen. Es könnte auch heißen, man ist da für Flüchtlinge. Oder für die sozial Schwachen. Außerdem gibt es auch explizitere Lieder auf der Platte wie „Work and then Wait“. Politische Aussagen und eine klare Haltung sind uns wichtig, aber wenn Lieder zu politisch sind, können sie auch schnell lästig werden. So haben wir ein Album geschaffen, das zwar politisch ist, aber musikalisch trotzdem die Möglichkeit bietet, aus der Realität zu flüchten.