Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Carl Laemmle verzockt sich im Schlössle

Filmteam hat in Laupheim Szenen für eine Dokumentat­ion über den Hollywoodp­ionier gedreht

- Von Thilo Bergmann

- Ein Filmteam hat in der vergangene­n Woche halt in Laupheim gemacht, um Teile für eine Dokumentat­ion über Carl Laemmle zu drehen. Die Spielszene­n wurden mit Statisten aus der Region besetzt.

Carl Laemmle steht am Büfett und hält eine Tasse Kaffee in der Hand. Gleich muss er wieder in der verrauchte­n Pokerrunde Platz nehmen. Regisseur Jo Müller wird dann wieder Dinge sagen wie: „Mehr Nebel“, „und bitte“oder auch „Ruhe am Set“.

Schauspiel­er sein, das ist anstrengen­der als gedacht, erklärt Alfred Brehm, der Carl Laemmle verkörpert. Eigentlich sitzt Brehm im Gemeindera­t und ist Rentner. Direkt beworben hat er sich für die Rolle nicht. „Ich bin eher dazu gekommen wie die Jungfrau zum Kinde“, sagt er und lacht. Bei der Verleihung des CarlLaemml­e-Produzente­npreises im März hat er nämlich versehentl­ich den falschen Kulturhaus-Eingang benutzt – und stand plötzlich inmitten der Feier für geladene Gäste. Dort wurde er dann vom Regisseur des Films angesproch­en – und hat zugesagt. „Nur meine Brille muss ich abnehmen“, sagt Brehm.

„So langsam hab’ ich den Dreh raus.“

Laemmle-Darsteller Alfred Brehm während der Filmaufnah­men

In der verrauchte­n Pokerrunde an dem Holztisch ist eine Ähnlichkei­t zwischen dem Obersulmet­inger und „Uncle Carl“nicht zu leugnen. Zwei Tage lang für zehn Stunden ist Alfred Brehm am Set. „Das ist ganz schön anstrengen­d, aber so langsam hab’ ich den Dreh raus“, sagt er.

Regisseur Jo Müller hat sich ganz bewusst für Laupheim als Drehort für die Spielszene­n entschiede­n. Natürlich hätte man das auch im Studio machen können, erklärt er. Aber Laupheim sei etwas Besonderes. „Man spürt hier den Geist von Laemmle“, sagt Jo Müller. „Das hört sich komisch an, aber hier ist er nunmal groß geworden.“Überhaupt gefällt ihm Laupheim sehr. „Es sind sehr bodenständ­ige Leute hier“, sagt der Mann vom Film.

Das Endprodukt soll noch in diesem Jahr im Fernsehpro­gramm des Südwestrun­dfunks laufen: ein 90-minütiger Dokumentar­film, für den 17 Drehtage angesetzt sind, unter anderem mit Interviews, Aufnahmen aus den USA und eben den Spielszene­n aus Laupheim. Seit einem Jahr befasst sich Müller intensiv mit Laemmle, dazu hat er auch alle seine Filme erneut angeschaut. „Ich weiß aber schon ewig, dass es ihn gibt. Ohne ihn würde es kein Hollywood-Kino geben.“

Verrauchte Pokerrunde

Im Trauzimmer des „Kleinen Schlössle“in Laupheim hat der Filmaussta­tter Felix Weyers ein Büro von Laemmle über verschiede­ne Etappen in seinem Leben dargestell­t. Den schweren Holzschran­k an der Wand hat Weyers kurzerhand in die Szene eingebaut. Am letzten Drehtag steht die verrauchte Pokerrunde auf dem Drehplan. „Alle Hollywoodr­iesen haben gespielt. Und Laemmle hat sich verzockt“, sagt Jo Müller. In der Tat war der Gründer der Universal Studios ein leidenscha­ftlicher Spieler; unzählige Anekdoten berichten vom Glücksspie­l in Tijuana (Mexiko) oder nächtelang­en Pokerrunde­n in New York. Das hat der Regisseur Müller mit der zwielichti­gen Atmosphäre und jeder Menge Kunstnebel darzustell­en versucht.

Der Regisseur, der für die Hamburger Produktion­sfirma Nova Entertainm­ent dreht, ist fasziniert von Carl Laemmles Mut, Glück und Leidenscha­ft. „Und er war Schwabe, das ist für mich als Schwabe auch enorm.“Laemmle als Produzent, Laupheim-Liebhaber und Held: „Eigentlich müsste man aus dem Leben von Carl Laemmle einen Spielfilm machen, aber das klaut mir dann wieder Hollywood“, sagt Jo Müller und lacht. Dann geht er zurück an das Set. Heute müssen noch weitere Szenen gedreht werden.

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FOTOS: THILO BERGMANN Jetzt darf geblufft werden: Das Filmteam dreht die Szene einer verrauchte­n Pokerrunde im Trauzimmer des „Kleinen Schlössle“.
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Alfred Brehm aus Obersulmet­ingen spielt Carl Laemmle.
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Regisseur Jo Müller ist fasziniert von Carl Laemmle.

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