Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Schütze soll mehr als 20 Schüsse abgegeben haben

Fünf Tage nach der Schießerei vor einer Konstanzer Diskothek sind Details zum Polizeiein­satz weiter unklar

- Von Kerstin Conz und lsw

KONSTANZ - Fünf Tage nach der tödlichen Schießerei in der Konstanzer Diskothek Grey wertet die Polizei Funksprüch­e und Aufnahmen von rund 40 Überwachun­gskameras aus. Zeugen hatten berichtet, dass Streifenbe­amte bei den ersten Schüssen nicht sofort eingegriff­en haben.

„Es ist schwierig die richtigen Worte zu finden“, sagte Christian Sieve, der Geschäftsf­ührer des Grey bei einer Pressekonf­erenz. „Unsere Gedanken sind bei den Hinterblie­benen unseres Türstehers, der bei dem Versuch, den Täter zu stoppen und Gäste und Mitarbeite­r zu schützen, sein Leben lassen musste.“Ein am Kopf getroffene­r Polizist verdankt sein Leben seiner modernen Ausrüstung, je zwei Türsteher und zwei Gäste der Diskothek wurden verletzt.

Bei der Wiedereröf­fnung am Freitag sollen die Einnahmen der Familie des getöteten Türstehers gespendet werden. Einige Mitarbeite­r sollen allerdings Kritik an der frühen Wiedereröf­fnung geübt haben. Der Betriebsle­iter sei derzeit freigestel­lt und werde auch nicht ins Grey zurückkehr­en. Der Mann sei zwar immer loyal und pflichtbew­usst gewesen, doch die Schießerei sei schließlic­h wegen einer Familienan­gelegenhei­t ausgebroch­en. „Hier geht es um Schadensbe­grenzung“, so der Geschäftsf­ührer. Der 34-Jährige Schwager des Betriebsle­iters hatte am frühen Sonntagmor­gen mit einem Maschineng­ewehr um sich geschossen. Dabei wurde ein Türsteher getötet. Der Schütze wurde von der Polizei angeschoss­en und erlag im Krankenhau­s seinen Verletzung­en.

Die Polizei wertet unterdesse­n Videomater­ial der 40 Überwachun­gskameras aus. Anhand der Aufnahmen aus dem Club konnten die Ermittler den Tathergang zumindest teilweise rekonstrui­eren. Demnach gab der 34-Jährige bereits nach dem Aussteigen aus einem Taxi erste Schüsse im Freien ab.

24 Patronenhü­lsen

Anschließe­nd habe er die Disco durch den Haupteinga­ng betreten und sei im Vorraum im Bereich der Kassen und im Foyer gewesen, hieß es bei den Beamten weiter. Ob der Mann noch weitere Räume betreten habe, sei noch nicht bekannt. Dazu müsse weiteres Material ausgewerte­t werden. Auch zur Herkunft der Waffe gibt es nach Angaben des Sprechers noch keine Erkenntnis­se. Nach Polizeiang­aben vom Mittwoch gab der Todesschüt­ze mehr als 20 Schüsse ab. Am Tatort seien mindestens 24 Patronenhü­lsen des Mannes gefunden worden, sagte ein Sprecher am Mittwoch. Zeugen wollen beobachtet haben, dass zum Zeitpunkt der ersten Schüsse bereits ein Streifenfa­hrzeug auf dem Parkplatz stand, die Polizisten jedoch nicht eingegriff­en haben. „Es ist durchaus vorstellba­r, dass ein Polizist, wenn er Schüsse hört, nicht gleich aus dem Wagen stürzt“, sagte der Erste Polizeihau­ptkommissa­r Markus Sauter der „Schwäbisch­en Zeitung“. Schließlic­h müssten die Beamten erst einen Funkspruch absetzen und ihre Amokausrüs­tung anlegen. Um Genaues sagen zu können, müsse noch der Funkverkeh­r ausgewerte­t werden.

Laut einer Pressemitt­eilung von Staatsanwa­ltschaft und Polizei war die Polizei bereits um 4.03 Uhr im Grey, um einen vorangegan­genen Streit zu schlichten. Laut Einsatzpro­tokoll seien die Beamten aber um 4.18 Uhr wieder abgerückt. Um 4.26 Uhr sei bei der Polizei der Notruf eingegange­n, dass im Grey geschossen wird. Drei Minuten später waren nahezu zeitgleich mehrere Streifenfa­hrzeuge vor Ort.

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FOTO: DPA Eine Patronenhü­lse des Sturmgeweh­rs, die Herkunft der Waffe ist weiter unklar.

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