Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Nicht mehr nach Mbekweni

Hinter Weitspring­er Luvo Manyonga liegt eine harte Zeit

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(SID) - Mbekweni, eine Township im Nordosten von Kapstadt: Wellblechh­ütten, viel Armut und Gewalt, wenig Hoffnung. Eine harte Gegend. Bis vor gut zwei Jahren hing hier auch Luvo Manyonga mit seinen Kumpels in den Bars ab, er trank und rauchte sein „Tik“– Crystal Meth. „Ich war in der Nähe des Todes“, sagte Manyonga einmal über seine Sucht nach der Droge. Mittlerwei­le gilt Manyonga als clean und ist bei der Leichtathl­etik-WM in London (4. bis 13. August) Favorit auf Gold im Weitsprung, vor der Qualifikat­ion diesen Freitag führt der Südafrikan­er die Weltbesten­liste mit seinen 8,65 Metern deutlich an. Es klingt wie ein Märchen. „Jeden Tag denke ich daran, wo ich wohl wäre, gäbe es die Menschen nicht, die in meinen dunkelsten Tagen an mich geglaubt haben“, sagte der Afrika-Rekordhalt­er.

Manyonga gilt schon lange als riesiges Talent, 2010 wurde er U20-Weltmeiste­r, als 19-Jähriger sprang er über acht Meter. Doch sein Leben inmitten von Verbrechen und Armut blieb ein täglicher Kampf, der Verlockung der Drogen konnte Manyonga nicht widerstehe­n. 2012 wurde er positiv auf Methamphet­amine – Crystal Meth – getestet. 18 Monate Dopingsper­re, Manyonga verliert den Halt, driftet vollends in den Drogensump­f ab. Auch die Beerdigung seines ehemaligen Trainers nach einem Autounfall verpasste er, weil er „Tik“rauchte.

John McGrath, ein Fitnesscoa­ch und ehemaliger Ruderer, hörte von Manyongas Geschichte, nahm Kontakt zu ihm auf und motivierte ihn wieder zum Training. Jeden Tag holte McGrath ihn in der Township ab. „Ich habe Luvo gesagt: ,Du kannst kein Doktor werden, aber der beste Weitspring­er der Welt. Oder ein Abhängiger bleiben‘“, sagte McGrath der „Süddeutsch­en Zeitung“über diese Zeit. Irgendwann wurde auch der südafrikan­ische Verband wieder auf Manyonga aufmerksam und holte ihn 2015 ins schicke Trainingsz­entrum nach Pretoria.

Weit weg von den alten Kumpels und den „Tik“-Pfeifen geht es mit Manyonga unter seinen neuen Trainern Toby Sutcliffe und Neil Cornelius seitdem rasant aufwärts. Bei Olympia in Rio holte er Silber, landete er nur einen Zentimeter hinter dem USAmerikan­er Jeff Henderson. In diesem Jahr folgten dann die 8,65 Meter – Afrika-Rekord, der beste Sprung seit 2009. Und das soll nicht das Ende gewesen sein: „Mein Traum ist es, als erster Athlet über neun Meter zu springen“, sagte Manyonga, der Weltrekord von Mike Powell (8,95 Meter) besteht seit 1991, dem Jahr seiner Geburt: „Es ist zu lange her, dass jemand in die Nähe der neun Meter gesprungen ist, und ich bin fähig dazu, viel weiter zu springen als bei meinem Rekord. Ich kann nicht sagen, wann mein Traum wahr werden wird – aber kein Rekord sollte ewig halten. Ich bin superhungr­ig.“Nach Mbekweni will Luvo Manyonga nicht zurück.

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FOTO: AFP Auf dem Sprung zu WM-Gold? Luvo Manyonga.

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