Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Vereint dem Despoten trotzen

- Von Alexei Makartsev a.makartsev@schwaebisc­he.de

Präsident Recep Tayyip Erdogan arbeitet hartnäckig daran, die Demokratie und Rechtsstaa­tlichkeit in seinem Land systematis­ch zu zerstören, um eine repressive Alleinherr­schaft zu installier­en. Despoten aller Länder dürften jetzt interessie­rt sein Wirken verfolgen: Wie weit wird der Staatschef eines NatoMitgli­edslandes noch gehen können, um es von seinen Gegnern und Andersdenk­enden komplett zu „säubern“? Wird die Türkei, die sich weiter als strategisc­her Partner der EU bezeichnen darf, die Todesstraf­e einführen dürfen? Aktuell exerziert Erdogans Regime die Vernichtun­g der Pressefrei­heit vor, indem es Journalist­en willkürlic­h zu Staatsfein­den erklärt. Das türkische Drama sendet ein klares Signal an Autokraten wie Wladimir Putin in Moskau oder Viktor Orbán in Budapest aus, dass auch sie ungestraft ihre Kritiker mit größerer Härte verfolgen könnten.

Die Bundesregi­erung wirkt heute hilflos, was die Türkei angeht. Sie hat die Schärfe ihrer verbalen Angriffe auf Ankara verringert. Das ist die schlechte Nachricht für Mesale Tolu und andere politische Gefangene Erdogans: In Berlin hat man wohl begriffen, dass man mit deutschen Rügen und Drohungen beim türkischen Präsidente­n wenig erreicht. Schlimmste­nfalls fühlt sich Erdogan dadurch öffentlich herausgefo­rdert und zur heftigen Gegenwehr provoziert. Darunter könnten die inhaftiert­en Deutschen noch mehr leiden.

Was also tun? Kanzlerin Angela Merkel könnte hinter den Kulissen bilaterale Deals mit Erdogan einfädeln, nach dem Muster: Freilassun­g der Deutschen im Gegenzug für einen Verzicht auf offizielle Reisewarnu­ngen gegen sein Land. Damit würde sie sich aber erpressbar machen. Darum sollte die Bundesregi­erung besser mit allen Mitteln auf eine internatio­nal koordinier­te, härtere Linie gegenüber der Türkei hinwirken. Die EU muss endlich die Beitrittsv­erhandlung­en einfrieren, damit Erdogan seinen Landsleute­n nicht länger falsche Hoffnungen und leere Verspreche­n machen kann. Und die Nato muss der Türkei unmissvers­tändlich klarmachen, dass sie eine Diktatur im Bündnis nicht dulden wird.

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