Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Wachstumsschmerzen
Drastische Schrumpfkur bei Ratiopharm-Mutter Teva
- In jahrelangem Heißhunger hat sich der israelische Pharmakonzern Teva zahlreiche Konkurrenten einverleibt, wie 2010 die Ulmer Ratiopharm für 3,6 Milliarden Euro oder 2016 die Generikasparte des US-Unternehmens Actavis für rund 40 Milliarden Dollar. Dabei hat sich der größte Generikahersteller der Welt wohl den Magen verdorben und reagiert mit einer harten Diät.
Bis Ende des Jahres plant Teva, von weltweit 57 000 Stellen 7000 zu streichen und sich aus 45 Ländern zurückzuziehen. Bis Ende 2018 sollen zudem 14 Fabriken geschlossen oder verkauft werden. Das kündigte Itzhak Peterburg kürzlich auf der Hauptversammlung in Tel Aviv an. Peterburg ist seit Februar Interimschef des größten israelischen Unternehmens, nachdem der frühere Teva-Vorstandsvorsitzende Erez Vigodman nach einer Reihe von Rückschlägen aufgab. Gleich im März gab es erste Medienberichte über Sparmaßnahmen und Stellenstreichungen – 100 davon in Ulm.
Ein Großteil dieser Stellen sei bereits abgebaut und „zum jetzigen Zeitpunkt gibt es keine Pläne darüber hinaus“, sagte eine Unternehmenssprecherin auf Nachfrage der „Schwäbischen Zeitung“. Damit sei die Restrukturierung des Teva-Konzerns im Zuge der Integration von Actavis weitgehend abgeschlossen.
Zu teuer gekauft
Actavis ist neben weiteren, kleineren US-Übernahmen der Grund für die starken Wachstumsschmerzen bei Teva: Um gut sechs Milliarden Dollar mussten die Israelis den Wert dieser Aktivitäten in der Bilanz nach unten korrigieren. Nicht nur war der Kaufpreis von 40 Milliarden Dollar zu hoch, auch die Anfälligkeit für Veränderungen auf dem amerikanischen Markt nahm entsprechend zu. „Wir verbuchen beschleunigte Preiserosion und rückläufige Absatzmengen“, erläuterte Peterburg. Grund sind laut Analysten Einkaufskooperationen, die Medikamentenpreise extrem drücken, und ein durch schnellere Zulassungen verschärfter Konkurrenzkampf bei Generika.
Resultat: 5,5 Milliarden Nettoverlust hat Teva für das Halbjahr ausgewiesen. Der erwartete Umsatz sank um gut eine Milliarde auf 23 Milliarden Dollar, ebenso das bereinigte Betriebsergebnis vor Steuern auf nunmehr 7,2 bis 7,4 Milliarden Euro.
Erfolgsmarke Ratiopharm
Dagegen eher gelassen ist die Stimmung in Ulm, da Teva nach eigenen Angaben in Deutschland auf Plan ist und somit Korrekturen der Ziele nach unten nicht notwendig seien. Schließlich sei Ratiopharm die erfolgreichste Marke der Teva. Außerdem hat das Unternehmen in Ulm erst 500 Millionen Dollar in eine neue Biotechanlage investiert – genannt Projekt Genesis. „Insgesamt entstehen 300 neue Stellen in Produktion, Qualitätskontrolle und Verwaltung“, gibt die Sprecherin weiter Auskunft. Spatenstich war im Juni. Die Bauarbeiten liefen nach Plan und sollen Ende 2019 abgeschlossen sein.