Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Reifeprüfung bestanden
Dustin Hoffman, einer der Größten Hollywoods, wird 80
(epd/dpa) - Dustin Hoffmann ist einer von Hollywoods ganz Großen. Der Mann mit dem silbergrauen Haar und dem verschmitzten Lächeln spielte in Klassikern wie „Kramer gegen Kramer“oder „Die Unbestechlichen“, dem Film zum Watergate-Skandal. Im Psychodrama „Rain Man“beeindruckt er als Autist, in der Komödie „Tootsie“ist er hinreißend als arbeitsloser Schauspieler, der sich als Frau ausgibt, um eine Rolle zu ergattern. Seine Karriere sieht Hoffman uneitel und selbstkritisch: „Der Erfolg ist verführerisch, der Erfolg versaut dich“.
Heute wird er 80 Jahre alt, steht aber noch mitten im Berufsleben. So war er kürzlich beim Filmfestival in Cannes als Giovanni di Medici, Seniorchef der legendären Familie, auf der Leinwand zu sehen, in Folge eins der Fernsehserie „Die Medici: Herrscher von Florenz“. „Für mich ist das Leben eine Art Wettstreit mit Gott: Sei mal nicht so sicher, dass Du mich so früh aufhalten kannst“, sagt Hoffman.
In der Filmstadt Los Angeles kam er 1937 zur Welt, als Kind filmbegeisterter Eltern mit osteuropäisch-jüdischen Wurzeln. Er besuchte die Schauspielklasse des „Pasadena Playhouse “und lernte Gene Hackman kennen. Es war der Beginn einer dauerhaften Freundschaft. „Wir waren zu hässlich für Heldentypen in Hollywood“, sagte Hoffman einmal – und deshalb sei er Hackman nach New York gefolgt, um sich am Theater zu versuchen. Mit Erfolg. Auch als Filmstar zieht es Hoffman immer wieder zur Bühne. 1984 wurde er in Arthur Millers Drama „Tod eines Handlungsreisenden“gefeiert.
Durchbruch in Hollywood
Dass ein „kleiner, schmächtiger Typ mit riesiger Nase“, wie Hoffman sich selbst sah, mal eine Hauptrolle im Kino spielen würde, glaubte er lange nicht. Doch dann engagierte ihn Mike Nichols für „Die Reifeprüfung“(1967) – es war sein Durchbruch in Hollywood. Die Komödie, längst ein Klassiker des US-Kinos, spiegelt die Aufbruchstimmung der 60er-Jahre wider, zauberhaft unterlegt mit Simon & Garfunkel-Hits wie „Mrs. Robinson“.
Hoffman war zwar schon 30, konnte aber, so jungenhaft wie er aussah, ohne Mühe einen 20-Jährigen spielen. Mit 1,67 Meter nicht eben groß, dazu schüchtern wirkend, war er der ideale Ben Braddock: ein unbedarfter College-Absolvent, der sich vom braven Sohn zum Rebellen mausert. Mit urkomischer Unbeholfenheit macht er im Bett der reifen Mrs. Robinson erotische Erfahrungen und rast schließlich im roten Alfa Romeo durch halb Kalifornien, um die angebetete Elaine zu erobern.
Er wurde mit einem „Golden Globe“als bester Nachwuchsdarsteller belohnt – die erste von zahllosen Auszeichnungen, darunter zwei Oscars und der AFTA-Award für sein Lebenswerk. Den ersten Oscar holte sich Dustin Hoffman als plötzlich alleinerziehender Vater in „Kramer gegen Kramer“, für die Rolle als Autist in Barry Levinsons „Rain Man“(1988) bekam er einen zweiten.
In „Little Big Man“(1970) war er ein Indianer, in „Asphalt Cowboy“(1969) ein kranker Kleinkrimineller und in Sam Peckinpahs „Wer Gewalt sät …“(1971) ein friedliebender Mathematiker, der so provoziert wird, dass er am Ende ausrastet. Begeisterte Kritiken erhielten 1976 „Der Marathon-Mann“und der im gleichen Jahr erschienene Watergate-Film „Die Unbestechlichen“, in dem Hoffman und Redford als Reporter der „Washington Post“den Politskandal um Präsident Richard Nixon ins Rollen bringen. Mit der Waffenlobby legt er sich als Anwalt in „Das Urteil“(2003) an, sein Widersacher ist hier Gene Hackman.
Schon der Schauspielschüler Hoffman wollte Regie führen, aber erst 2012 traute er sich: In seinem Film „Quartett“treffen in einem Altersheim ehemalige Musiker aufeinander, lauter eigenwillige Typen. Vor allem die einstige Diva Jean, gespielt von Maggie Smith, 78, sorgt für schöpferische Unruhe.
Seit 37 Jahren verheiratet
Der Schauspieler ist in zweiter Ehe seit 37 Jahren mit der Anwältin Lisa Gottsegen verheiratet, in Hollywoods scheidungsfreudiger Gesellschaft eine Seltenheit. Sein Leben sei durchaus mal traurig oder deprimierend gewesen, aber nie langweilig, sagte Dustin Hoffmann einmal in einem Interview: „Nichts ist für mich selbstverständlich. So etwas lernt man mit dem Alter.“Sie seien heute „noch mehr ineinander verliebt“, sagte seine 18 Jahre jüngere Frau im Juli der US-Zeitschrift „Closer“. Sie seien sich das erste Mal begegnet, als sie selbst zehn Jahre alt war, erzählt Lisa. Ihre Großmutter und seine Mutter waren miteinander befreundet. Das Paar hat vier gemeinsame Kinder, zwei weitere Töchter stammen aus der ersten Ehe des Schauspielers.
Einblicke in die eigene Familiengeschichte trieben Hoffman im vergangenen Jahr in der Ahnenforschungssendung „Finding Your Roots“die Tränen in die Augen. Darin erfuhr er, dass seine jüdische Urgroßmutter fünf Jahre in einem sowjetischen Lager verbracht hatte, nachdem ihr Mann und Sohn von der Geheimpolizei Tscheka getötet worden waren. 1930 im Alter von 62 Jahren erreichte sie schließlich die USA – mit einer Armprothese, starker Sehschwäche und von der Einwanderungsbehörde als altersschwach beschrieben.
„Sie war eine Heldin“, sagte Hoffman unter Tränen. „Sie hat für mich überlebt, damit ich heute hier sein kann.“