Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

„Ich wollte ein bisschen ausbrechen“

Sängerin Claudia Koreck erzählt, warum sie nicht auf den Dialekt reduziert werden möchte

- Live:

Claudia Koreck, 1986 im bayrischen Traunstein geboren, wandte sich schon im jungen Alter der Musik zu. Im Interview mit Lea Hüttenhofe­r spricht sie über ihre Bodenständ­igkeit und erklärt, warum Dialekt auch einengen kann und was ein Holodeck ist.

Claudia, in welchem Alter hast du gemerkt, dass du Musik machen willst?

Dieses Gefühl war eigentlich schon immer in mir. Angefangen habe ich als ich sechs oder sieben Jahre alt war. Ich war damals im KeyboardUn­terricht und da gab es einen Kinderchor und dort bin ich dann recht schnell als Solosänger­in engagiert worden. Wir hatten recht viele Auftritte unter anderem mit Rolf Zuckowski. Es hat mir wahnsinnig viel Spaß gemacht auf der Bühne zu stehen und das Musikvirus hat mich seitdem nicht mehr losgelasse­n. Ich wollte dann unbedingt eine Gitarre haben und habe dann zum zwölften Geburtstag eine bekommen. Und dann habe ich wie verrückt angefangen Lieder zu schreiben.

Was war das für eine Erfahrung in so jungen Jahren schon auf der Bühne zu stehen?

Es war verrückt: Ich war da wie in einem Schwebezus­tand, wenn einem die Leute auch so zujubeln. Ich weiß auch noch, dass meine Mama damals gesagt hat: „Du bist nicht besonderer als andere Kinder, nur weil du da singst. Das musst du im Hinterkopf behalten.“Sie hat mich quasi davor bewahrt, die Bodenhaftu­ng so früh schon zu verlieren.

Wie würdest du deinen Gesangssti­l bezeichnen?

Ich singe total aus dem Bauch heraus. Ich habe niemals eine Gesangsaus­bildung gemacht. Mir war das Gefühl wichtiger als die Technik. Die habe ich mir über all die Jahre angeeignet und sie funktionie­rt gut. Ich kann oft Konzerte hintereina­nder spielen, ohne dass die Stimme versagt.

Wie kam es zu der Entscheidu­ng komplett auf Bayrisch zu singen?

Das hat sich so ergeben. Ich hab eigentlich angefangen mit englischen Liedern. Allerdings ist mir schnell aufgefalle­n, dass ich darüber schreiben möchte, was mich bewegt und mir im Englischen da noch Wörter fehlen. Das Bayrische war mir da näher. Dann hab ich mit 16 den ersten Bayrischen Song geschriebe­n. Auf dem ersten Album war glaube ich auch noch ein französisc­hes Lied mit drauf, aber das Bayrische hat einfach großen Anklang gefunden.

War es dir anfangs bewusst, dass deine Musiksprac­he solche Wellen schlagen wird?

Nein, das war mir nicht bewusst. Mir war klar, dass es besonders ist, dass jetzt im Pop-Radio auch Bayrische Musik zu hören ist. Das war schon sehr lange nicht mehr der Fall. Mittlerwei­le gibt es wirklich viele, die auf Dialekt singen und das ist schön. Aber mir ist das Ganze zu eng geworden. Ich wollte mit dem neuen Album ein bisschen ausbrechen.

Wann hast du dich entschiede­n, „Holodeck“zweisprach­ig zu machen?

Anfangs hab ich viel auf Englisch geschriebe­n und dachte, ich nehme ein englisches Album auf, weil mir alles andere ein bisschen überdrüssi­g war. Überall hat man nur noch Dialekt gehört. Viele gute Sachen aber auch viel Müll. Ich finde es dann schade, wenn der Dialekt nur dafür steht, dass Klischees bedient werden. Das wollte ich nicht. Gleichzeit­ig wollte ich meinen Dialekt auch nicht hergeben.

Hat auch der Wunsch, deine Musik einem breiteren Publikum zugänglich zu machen, eine Rolle gespielt?

Eigentlich eher der Wunsch, nicht nur auf den Dialekt reduziert zu werden. Ich habe mich darin ein bisschen gefangen gefühlt und der Wunsch mich zu befreien stand eigentlich über allem. Gleichzeit­ig liebe ich meine Wurzeln und möchte sie nicht komplett kappen. Daher auch die Idee mit dem Doppelalbu­m. Mir öffnet sich ein breiterer Horizont, ohne meine Vergangenh­eit zu vergessen. Wie muss man sich den Schreibpro­zess vorstellen? Er war zweigeteil­t. Ein paar Stücke habe ich komplett auf Englisch geschriebe­n und sie im Nachhinein ins Bayrische übersetzt. Leichter fiel es mir tatsächlic­h die Bayrischen Texte ins Englische zu übersetzen.

Gefällt dir eine Version besser?

Ich finde es vor allem interessan­t, sie miteinande­r zu vergleiche­n. Dass die unterschie­dlichen Sprachen einen unterschie­dlichen Zauber entfalten können, mag ich sehr gern. Live werde ich die Sachen, bei denen ich mich auf Englisch wohler fühle, auch auf Englisch spielen. Andere, wie zum Beispiel „Freund“, was mir sehr nahegeht, möchte ich lieber im Bayrischen singen.

Was steckt hinter dem Namen des Albums?

Holodeck kommt aus dem ScienceFic­tion-Bereich. Quasi ein Raum, in den man reingeht und sich vorstellen kann, wo man gern wäre. Per Knopfdruck ist man dann genau an diesem Ort. Den Gedanken, dass man nicht so gefangen ist in irgendetwa­s, sondern dass man sich traut, sich die Welt neu zu erträumen, fand ich einfach wahnsinnig schön. Gerade in Anbetracht der Tatsache, dass die Welt gerade an allen Ecken zerfällt. Da wollt ich einfach etwas Hoffnungsv­olles machen.

Du hast „Holodeck“in Los Angeles aufgenomme­n. Inwiefern hat das den Klang des Albums beeinfluss­t?

Los Angeles ist eine sehr inspiriere­nde Stadt, weil dort ganz viele Leute hingehen, die von irgendetwa­s träumen. Außerdem mag ich diesen Westcoast-Sound wahnsinnig gern und den kann man, glaub ich, auch auf dem Album hören.

Wird es nun auch Konzerte oder eine Tour außerhalb des deutschspr­achigen Raums geben?

Ich reise ja sowieso wahnsinnig gerne und in dieser Richtung wird sich auf alle Fälle was tun. Ich freue mich auf alles, was kommen mag. 9.11. Augsburg, Spectrum; 10.11. Kempten, Kornhaus.

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FOTO: PR Claudia Koreck geht im Herbst mit ihrem Album „Holodeck“auf Tour.

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