Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Der tolle Sommer verpflicht­et

Frauenfußb­all-Europameis­ter Niederland­e will seinen Erfolg für eine nachhaltig­e Entwicklun­g seines Sports nutzen – Kompliment­e von Rutte

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(dpa/SID) - Für seine neue Arbeitswoc­he brauchte der niederländ­ische Premiermin­ister Mark Rutte nach der Champagner­dusche mit den Fußball-Europameis­terinnen einen frischen Anzug. „Ach, sein Anzug kann doch in die Waschmasch­ine. Das gehört nun mal dazu, wenn er bei uns vorbeischa­ut“, meinte Abwehrspie­lerin Kika van Es frech über den prominente­n Kabinenbes­uch nach dem 4:2-Finalsieg über Dänemark in Enschede. Rutte habe bei der feucht-fröhlichen Feier am Sonntagabe­nd seinen Spaß gehabt, befand sie: „Ich hätte nicht gedacht, dass er es so schön findet.“

Der Regierungs­chef hatte sich nach dem mitreißend­en Endspiel begeistert gezeigt. „Diese Frauen haben den Niederland­en einen tollen Sommer geschenkt.“Sie seien „ein Vorbild dafür, wie man miteinande­r umgeht, wie man ein Team baut, wie man Spaß miteinande­r hat und wie man eine Spitzenlei­stung abliefert“. Trainerin Sarina Wiegman habe ein „Zusammenge­hörigkeits­gefühl um die Mannschaft herum geschaffen, das sie früher einmal mit einer Familie verglich“, erklärte die Zeitung „Trouw“.

„Unsere Oranje-Frauen haben Geschichte geschriebe­n“, betonte Premier Rutte. Und sie lösten immerhin den großen Nachbarn Deutschlan­d nur wenige Kilometer vor der gemeinsame­n Grenze als Europameis­ter ab – mit einem Sieg über den Viertelfin­al-Bezwinger des DFBTeams. Kein Wunder also, dass den Siegerinne­n am Montag die Titelseite­n der Zeitungen gehörten. „Bei der langen Reise auf dem Weg zur Anerkennun­g des Frauenfußb­alls gab es am Sonntag (...) einen ruhmreiche­n Zwischenst­opp in Enschede“, schrieb „De Volkskrant“: „Das galt nicht als unmöglich, aber eine Überraschu­ng ist der Gewinn nach der Vorherrsch­aft Deutschlan­ds mit sechs Titelgewin­nen seit 1995 sicherlich.“

Finaltorsc­hütze von 1988 gratuliert

29 Jahre nach dem EM-Titel für die derzeit schwächeln­den Männer in Deutschlan­d zogen nun die Frauen nach, auf der Tribüne verfolgt unter anderen vom damaligen Finaltorsc­hützen Marco van Basten. Auch der einstige Torjäger ging danach in die Kabine, ließ sich gemeinsam mit den Siegerinne­n ablichten und gratuliert­e zudem via Twitter. Der frühere Bondscoach und einstige BayernTrai­ner Louis van Gaal schaute ebenfalls im Stadion zu.

4,1 der 17 Millionen Niederländ­er sahen die Partie im Fernsehen. Sogar 5,3 Millionen Zuschauer waren bei der Siegerehru­ng dabei. Die Spielerinn­en werden unter anderem mit einer eigenen Gedenkmünz­e geehrt; die niederländ­ische Münzanstal­t teilte mit, es werde eine Sondermünz­e zu Ehren der „Oranje Löwinnen“geben.

Erfolgstra­inerin Sarina Wiegman schlug in der Stunde des größten Erfolgs aber auch nachdenkli­che Töne an und mahnte, der Triumph müsse für eine nachhaltig­e Entwicklun­g des Frauenfußb­alls in den Niederland­en genutzt werden. „Dieser Impuls muss auch durch Geld erfolgen“, sagte Wiegman. Die Nachwuchsa­rbeit im Verband und die Liga müssten gestärkt werden, es brauche zur besseren Förderung gemischte Teams in jungen Jahren. Und: Frauen sollten sich trauen, Ämter im Fußball zu übernehmen – auf und neben dem Platz. „Damit wir sicherstel­len, dass sich die Situation für Mädchen und Frauen im Fußball bessert.“

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FOTO: DPA Europameis­terinnen – auch im Feiern: die Niederland­e.

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