Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Ein Film so karg wie die Landschaft

Vater-Sohn-Konflikt in Nordnorweg­en: Thomas Arslans „Helle Nächte“

- Von Dieter Kleibauer Helle Nächte.

Mit den beiden möchte man keinen Urlaub verbringen: Michael ist ein übellaunig­nervöser Bauingenie­ur, Luis ein übellaunig-maulfauler Teenager. Zusammen machen sie sich auf eine Reise, bei der der geschieden­e Michael seinem Sohn, der sonst bei der Mutter lebt, wieder näherkomme­n will. Deutscher Familienal­ltag in Patchwork-Zeiten.

Thomas Arslan hat zuletzt 2013 mit „Gold“einen vollkommen entschleun­igten Western gedreht, dessen fehlendes Tempo noch eine gewisse Faszinatio­n hatte. „Helle Nächte“, der ebenfalls im Wettbewerb der Berlinale lief und jetzt in die Kinos kommt, ist ein vollkommen entschleun­igtes Road Movie. Zwei Personen, beide mit Konflikten überladen, gehen mit dem SUV auf eine Reise durch Nordnorweg­en, das sicher auch eine Seelenland­schaft sein soll: rau, einsam, karg.

Zwei Unsympathe­n unterwegs

Zwei Generation­en, eigentlich drei: Michael (Georg Friedrich, Silberner Bär für den besten Hauptdarst­eller) hat erst kurz zuvor, so beginnt der Film, seinen eigenen Vater verloren, der in Norwegen gelebt hatte. Und auch diese Beziehung war konfliktbe­laden; einen Konflikt, unter dem Michael leidet und den er unbewusst an seinen Sohn (Tristan Göbel, „Tschick“) weitergibt.

Bei der Berlinale polarisier­te „Helle Nächte“. Viele deutsche Kritiker lobten die äußerste Reduktion der Handlung, die am Ende eine minimale Annäherung der beiden Protagonis­ten mit sich bringt; andere langweilte­n sich kolossal angesichts einer vor sich hin mäandernde­n Reise zweier Unsympathe­n, die sich gegenseiti­g das Leben schwer machen.

Eine Zumutung ist da, wohl als Höhepunkt gedacht, eine minutenlan­ge, dialogfrei­e, quälende Fahrt des Range Rover durch die Tundraland­schaft, starr gefilmt durch die Frontschei­be, bergauf in den Nebel hinein, bergab aus dem Nebel hinaus. Man hofft auf eine dramatisch­e Wendung, einen Bären, eine Wolfsattac­ke, eine Götterdämm­erung, meinetwege­n einen Troll; das ist so irr- und wahnsinnig, dass es eine Bedeutung haben

- aber da ist nichts, was über sich selbst hinaus verweist, und da folgt nichts. Unten angekommen, gehen die trivialen Streiterei­en von Vater und Sohn, die der Film dem Zuschauer in keiner Minute näher gebracht hat, weiter. Und man flüstert sich noch vor dem Abspann unwillkürl­ich zu: Dafür hätte man nicht ins schöne Norwegen fahren müssen.

Regie: Thomas Arslan. Mit Georg Friedrich, Tristan Göbe. Deutschlan­d/ Norwegen 2017. 86 Minuten. Ohne Altersbesc­hränkung.

 ?? FOTO: MARCO KRÜGER / SCHRAMM FILM / DPA ?? Kein erholsamer Urlaub: Michael (re.) ist ein übellaunig-nervöser Bauingenie­ur (Georg Friedrich) und sein Sohn Luis (Tristan Göbel) ein übellaunig-maulfauler Teenager.
FOTO: MARCO KRÜGER / SCHRAMM FILM / DPA Kein erholsamer Urlaub: Michael (re.) ist ein übellaunig-nervöser Bauingenie­ur (Georg Friedrich) und sein Sohn Luis (Tristan Göbel) ein übellaunig-maulfauler Teenager.

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