Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Eine große Person

Wayde van Niekerk erfüllt Teil eins seiner Mission – Lob von Bolt

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(SID/dpa) - Wayde van Niekerk hatte gerade die erste Stufe hinauf zum Leichtathl­etik-Thron von Usain Bolt erklommen, da dachte der Südafrikan­er an einen, der gar nicht mitgelaufe­n war – an den traurigen Isaac Makwala. Es sei „ein herzzerrei­ßender Moment“gewesen, als er erfahren habe, dass sein vielleicht ärgster Rivale nicht im Finale über 400 Meter antreten durfte: „Ich wünschte, er wäre mit mir gelaufen. Am liebsten würde ich ihm meine Medaille geben.“

Durch den „Fall Makwala“bekam die Show des Olympiasie­gers und Weltrekord­lers van Niekerk über die Stadionrun­de einen faden Beigeschma­ck, zu gerne hätte auch das Publikum bei der WM in London gesehen, dass der 25-Jährige etwas mehr gefordert wird. Doch so verteidigt­e van Niekerk seinen Titel relativ locker, holte sich Gold in 43,98 Sekunden ab und verwies Steven Gardiner von den Bahamas (44,41) auf Platz zwei. Bronze ging an Abdalelah Haroun aus Katar (44,48). Trotzdem sprach van Niekerk artig davon, dass es „kein Spaziergan­g“gewesen sei.

Makwala hätte ihn vielleicht noch ein bisschen mehr triezen können, doch der schnelle Mann aus Botswana durfte nicht. Der Weltverban­d IAAF hatte den 30-Jährigen wegen Magen-Darm-Problemen nicht zum Finale zugelassen. Bei der Nummer 3 der Weltbesten­liste sei eine Infektions­krankheit diagnostiz­iert worden, teilte man mit. Akute Ansteckung­sgefahr. Deshalb sei Makwala bereits am Montag auf Empfehlung der britischen Gesundheit­sbehörde für 48 Stunden unter Quarantäne gestellt worden.

Makwala spricht von Sabotage

„Das ist nicht fair. Ich glaube fast, das ist Sabotage“, sagte Makwala dem Sender ITV. Trotz verhängter Quarantäne war er zum Stadion gefahren, er fühlte sich gut, wollte unbedingt laufen. „Ich frage mich, was passiert wäre, wenn ich ein britischer Athlet gewesen wäre. Hätten sie mir dann auch nicht erlaubt zu laufen?“, fragte Makwala, der am Montag schon die Vorläufe über 200 Meter verpasst hatte (am Mittwochab­end aber doch noch allein gegen die Uhr laufen durfte und sich fürs Halbfinale qualifizie­rte): „Es zerbricht mir das Herz.“

Für Wayde van Niekerk soll es hingegen jetzt erst richtig losgehen. Nach den 400 Metern strebt er auch den Titel über 200 Meter (heute, 22.50 Uhr MESZ/ZDF und Eurosport) an – ein solches Doppel-Gold hat seit Michael Johnson (USA) 1995 keiner mehr gewonnen. „Es ist leichter gesagt als getan“, beurteilte van Niekerk die Mission. Sollte sie gelingen, könnte er als Nachfolger Bolts zum neuen Superstar der Leichtathl­etik aufsteigen. Auch der Jamaikaner glaubt daran, dass van Niekerk in Zukunft seine Rolle übernehmen könnte. „Er hat gezeigt, dass er bereit ist für die Herausford­erung“, sagte Bolt, der nach London seine Karriere beenden wird. „Er ist bodenständ­ig und bescheiden, er ist eine große Person.“Van Niekerk sei „bereit zuzuhören und zu lernen. Wenn er so weitermach­t, wird er die Leichtathl­etik übernehmen.“

Hat er in Teilen schon: Wayde van Niekerk – vom Typ her sehr zurückhalt­end und eigentlich ein Anti-Bolt („Es ist eine riesige Ehre, von Usain zu lernen und ihn zu treffen“) – ist der erste Athlet der Geschichte, der die 100 Meter unter zehn, die 200 Meter unter 20 und die 400 Meter unter 44 Sekunden gelaufen ist.

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FOTO: AFP Über 400 Meter dominant, jetzt über 200 Meter gefordert: Wayde van Niekerk möchte Doppel-Gold.

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