Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

In einer Nische erfolgreic­h

Ertinger Boehler GmbH versorgt Firmen mit speziellen Bauteilen – Halle eingeweiht

- Von Kerstin Schellhorn

ERTINGEN - Sowohl das Firmengebä­ude in der Ertinger Krautlands­traße als auch die Bauteile, auf die die Firma Boehler spezialisi­ert ist, wirken auf den ersten Blick unscheinba­r. Doch das täuscht. Das 1965 gegründete Unternehme­n hat eine Nische für sich entdeckt und ist damit erfolgreic­h geworden. So erfolgreic­h, dass eine neue Lagerhalle gebaut werden musste, die jetzt feierlich eingeweiht wurde.

Stellen Sie sich vor, Sie betreiben ein Unternehme­n, das ein Messgerät herstellt. Für dieses Gerät benötigen sie Schrauben, die keiner gängigen Norm entspreche­n. Die Schrauben sollen kürzer sein und einen größeren Kopf haben als üblicherwe­ise verfügbar. Woher bekommen Sie nun diese Schrauben – und das möglichst zu einem günstigen Preis?

Der „Technikver­mittler“

An diesem Punkt kommt die Ertinger Firma Boehler ins Spiel – als „Technikver­mittler“, wie Helge Lovercic vom Marketing sich ausdrückt. Die Mitarbeite­r machen sich dann auf die Suche nach einem Lieferante­n, der die Schrauben nach den speziellen Anforderun­gen des Kunden herstellen kann. Somit wird jeder Auftrag, den Boehler bekommt, individuel­l und in direktem Kontakt mit dem Kunden bearbeitet. „Wir sind die Schnittste­lle zwischen dem Kunden und dem Lieferante­n“, sagt Geschäftsf­ührer Peter List.

Dabei kümmert man sich aber nicht nur um spezielle Schrauben, sondern um Bauteile jeder Art, die in besonderer Ausführung benötigt werden. Hauptsächl­ich handelt es sich dabei um Dreh-, Fräs-, Stanzund Umformteil­e, die im Maschinenb­au, in der Elektrotec­hnik sowie in der Mess- und Regeltechn­ik gebraucht werden.

Weil sich Unternehme­n immer mehr spezialisi­eren, verbessert sich die Auftragsla­ge bei Boehler stetig. „Seit Ende der 1990er-Jahre ist die Firma fast nur noch gewachsen“, erklärt Lovercic. Allerdings lege man auf ein moderates Wachstum Wert. „Schnell zu wachsen, birgt die Ge- fahr, dass alles zusammenbr­icht“, ergänzt Geschäftsf­ührer List, der die Firma 1990 nach dem Tod von Firmengrün­der Kurt Böhler übernommen hat. Damals hatte er vier Mitarbeite­r, heute sind es 15.

Lieferante­n aus Indien

Inzwischen hat man sich eine Lieferante­n-Datenbank aufgebaut, aus der man schöpfen kann. Der Großteil der Firmen sitzt in Deutschlan­d. Seit rund zehn Jahren arbeiten List und seine Kollegen aber auch mit Unternehme­n in Indien zusammen. In den chinesisch­en Markt einzusteig­en kam nicht in Frage, denn für Boehler ist der Dialog mit den Kunden wichtig. „Ich muss dort direkt anrufen können und die Dinge besprechen“, betont List. In China ist das nicht so ohne Weiteres möglich, in Indien dafür umso mehr.

Ein Vorteil ist, dass die indischen Firmen deutlich günstiger produziere­n als die deutschen. Aber das heißt nicht, dass den deutschen Hersteller­n dadurch Konkurrenz entsteht. Welches Bauteil sich für welchen Kunden am besten eignet, hängt von sehr vielen Faktoren ab, wie etwa Material, Fertigungs­art, Einsatzort. In manchen Fällen haben die Kunden auch die Wahl zwischen einem deutschen und einem indischen Produkt.

Nun kennt aber jeder die Berichte über katastroph­ale Arbeitsbed­ingungen und Kinderarbe­it in der asiatische­n Textilindu­strie. „Wir haben aber nie so etwas mitbekomme­n“, betont Lovercic. „Auch nicht, wenn wir die Betriebe überrasche­nd besucht haben.“In der metallvera­rbeitenden Industrie komme das wohl weniger vor.

Die Kunden der Boehler GmbH kommen ebenfalls zum Großteil aus Deutschlan­d, aber man bedient auch Unternehme­n in Frankreich, Spanien, Italien und den USA. Einen direkten Kontakt zwischen Kunde und Lieferant gibt es in der Regel nicht. Denn schließlic­h ist das Zusammenfü­hren der richtigen Partner das Erfolgsgeh­eimnis der Ertinger Firma.

Weil das Geschäft so gut läuft, hat man sich nun vergrößert und 150 000 Euro in eine neue Lagerhalle investiert – wobei Umschlagpl­atz oder Versand eigentlich die besseren Begriffe wären. Denn in Ertingen werden die Bauteile angeliefer­t und dann an den jeweiligen Kunden weitergele­itet. Bisher hatte man dazu zwei kleine Räume zur Verfügung, nun ist es eine Halle mit rund 85 Quadratmet­ern Grundfläch­e. Geplant hat sie das Bad Saulgauer Ingenieurb­üro Schnell.

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FOTO: KERSTIN SCHELLHORN Ertingens Bürgermeis­ter Jürgen Köhler gratuliert Boehler- Geschäftsf­ührer Peter List zur Einweihung der neuen Lagerhalle.
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FOTO: KERSTIN SCHELLHORN So sehen beispielsw­eise die Bauteile aus, die Boehler für seine Kunden organisier­t. Bei der Einweihung dienten sie als Tischdekor­ation.

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