Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Von der Papierrolle zur Zeitung
30 Leser blicken im Druckhaus Weingarten hinter die Kulissen der Zeitungsproduktion
RIEDLINGEN/WEINGARTEN - Am Anfang ist es eine tonnenschwere Papierrolle. Nur sieben Minuten später ist daraus eine druckfrische Schwäbische Zeitung geworden, die in die Transporter verladen und zu den Austrägern gebracht wird. Doch wie aus der Papierrolle die Zeitung wird – darüber konnten sich 30 Leser der Schwäbischen Zeitung Riedlingen im Rahmen der Aktion „Schwäbische Türöffner“bei der Besichtigung des Druckhauses Ulm-Oberschwaben in Weingarten informieren.
Günther Langenbacher, der die Führung in Weingarten übernahm, kennt das Druckergeschäft seit Jahrzehnten. 40 Jahre hat er sich mit der Materie befasst und erläuterte den Besuchern aus dem Raum Riedlingen die Feinheiten und Details des Druckprozesses. Aber er wartete auch mit imposanten Zahlen auf. Rund zwölf Meter hoch sind die Drucktürme in Weingarten und 28 Meter lang. 380 Tonnen bringen die beiden Offsetdruckmaschinen, auf denen die Ausgaben der Schwäbischen Zeitung gedruckt werden, auf die Waage.
Doch der Anfang einer Zeitung ist leicht: die Druckplatten, auf die die Zeitungsseiten belichtet werden. Die von der Redaktion übertragenen digitalen Druckseiten werden mit Lasertechnik und höchster Präzision auf eine Druckplatte gebrannt. Diese ist aus Alu und biegbar und wird für den Druck in die Maschine eingespannt. Aber für den farbigen Druck braucht es nicht nur eine Platte, sondern vier: für jede der vier Grundfarben eine eigene. Die Platten müssen dann exakt übereinander eingepasst werden, dass das farbige Bild genau stimmt. Eine ganz leichte Verschiebung – und das Bild in der Zeitung erscheint unscharf. Zwischen 10 000 und 50 000 Druckvorgänge – je nach Qualität – hält eine Platte aus, so Langenbacher. Über 400 000 Platten werden pro Jahr verbraucht. Und nur zwei Gramm Farbe werden pro Zeitung benötigt.
Das Druckhaus in Weingarten ist hochautomatisiert. 56 Mitarbeiter sorgen dafür, dass die Abläufe funktionieren. In Weingarten und im baugleichen Druckhaus in Ulm, wo die Ausgabe Riedlingen gedruckt wird, werden täglich rund 166 000 Exemplare produziert und auf die Reise zu den Abonnenten und Lesern geschickt.
Nach der Belichtung wird es laut. Dann geht es bei der Führung zu den Druckmaschinen. Doch wegen der Lautstärke blicken die Besucher hinter Glasscheiben auf die riesigen Maschinen. Über drei Etagen spannen sich die Papierrollen nach oben, ehe sie bedruckt, gefalzt und zu Zeitungsseiten geschnitten werden. Im Keller lagern die tonnenschweren Papiergiganten. Rund 10 000 Tonnen Papier wird im Jahr benötigt. Der Vorrat einer Woche ist stets im Haus, so Langenbacher. Bis zu 50 000 Exemplare können im Druckhaus pro Stunde produziert werden. Das entspricht einer Papierbahngeschwindigkeit von 13 Metern/pro Sekunde.
Überwacht wird der Prozess vom Leitstand aus. Hier steuern die Drucker die Maschinen, überwachen die automatischen Wechsel der Belichtungsplatten – je nach Ausgabe – und kontrollieren auch die Druckqualität der Ausgabe. Jede 200. oder 300. Zeitung wird aus der Produktion genommen und auf Qualität angeschaut. Dabei können die Drucker mit leichten Veränderungen der Farbmischung das Foto in der Zeitung verändern und eine andere Bildqualität geben. Eine sensible Angelegenheit, wie einer erläutert: Ein bisschen zu viel von einer der vier Grundfarben und schon stimmt die Farbgebung des Bildes nicht mehr.
Nachts herrscht Leben
Um 18 Uhr sind die Besucher aus Riedlingen im Druckhaus unterwegs. Eigentlich viel zu früh, im Gebäude wird es erst nachts so richtig lebendig. Denn die ersten Tageszeitungsausgaben werden ab 22.15 Uhr angedruckt. Und dennoch rattert es in der Halle. An der Decke ziehen Zeitungen vorbei, kreuz und quer, wie an Schnüren gezogen, während an anderer Stelle die Werbebeilagen vorbereitet werden. „Das ist der Vordruck“, erläutert Langenbacher mit Blick auf die dahin sausenden Zeitungen. Die Wochenendbeilage wird vorab produziert und dann auf Rundballen aufgespannt.
Sie werden ebenso wie die Beilagen später automatisch jeder Zeitung beigelegt. Und am Ende kommen fertige Pakete heraus, die schon mit einem Zettel beschriftet sind. Die sind für die einzelnen der insgesamt rund 2400 Zusteller gedacht. Ab in den Transporter und hinaus ins SZ-Land – so dass jeden Morgen die rund 160 000 Abonnenten ihre Tageszeitung im Briefkasten finden. Die Besucher zeigen sich beeindruckt von der logistischen Leistung. „Unfassbar“, sagt eine Besucherin am Ende der Führung mit leichtem Kopfschütteln. Und doch jeden Tag Routine.
Weitere Bilder finden Sie auf Schwäbische.de unter der Ortsmarke Riedlingen.Im Laufe des Montags wird auch ein Video dazu hochgeladen.