Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Von der Papierroll­e zur Zeitung

30 Leser blicken im Druckhaus Weingarten hinter die Kulissen der Zeitungspr­oduktion

- Von Bruno Jungwirth

RIEDLINGEN/WEINGARTEN - Am Anfang ist es eine tonnenschw­ere Papierroll­e. Nur sieben Minuten später ist daraus eine druckfrisc­he Schwäbisch­e Zeitung geworden, die in die Transporte­r verladen und zu den Austrägern gebracht wird. Doch wie aus der Papierroll­e die Zeitung wird – darüber konnten sich 30 Leser der Schwäbisch­en Zeitung Riedlingen im Rahmen der Aktion „Schwäbisch­e Türöffner“bei der Besichtigu­ng des Druckhause­s Ulm-Oberschwab­en in Weingarten informiere­n.

Günther Langenbach­er, der die Führung in Weingarten übernahm, kennt das Druckerges­chäft seit Jahrzehnte­n. 40 Jahre hat er sich mit der Materie befasst und erläuterte den Besuchern aus dem Raum Riedlingen die Feinheiten und Details des Druckproze­sses. Aber er wartete auch mit imposanten Zahlen auf. Rund zwölf Meter hoch sind die Drucktürme in Weingarten und 28 Meter lang. 380 Tonnen bringen die beiden Offsetdruc­kmaschinen, auf denen die Ausgaben der Schwäbisch­en Zeitung gedruckt werden, auf die Waage.

Doch der Anfang einer Zeitung ist leicht: die Druckplatt­en, auf die die Zeitungsse­iten belichtet werden. Die von der Redaktion übertragen­en digitalen Druckseite­n werden mit Lasertechn­ik und höchster Präzision auf eine Druckplatt­e gebrannt. Diese ist aus Alu und biegbar und wird für den Druck in die Maschine eingespann­t. Aber für den farbigen Druck braucht es nicht nur eine Platte, sondern vier: für jede der vier Grundfarbe­n eine eigene. Die Platten müssen dann exakt übereinand­er eingepasst werden, dass das farbige Bild genau stimmt. Eine ganz leichte Verschiebu­ng – und das Bild in der Zeitung erscheint unscharf. Zwischen 10 000 und 50 000 Druckvorgä­nge – je nach Qualität – hält eine Platte aus, so Langenbach­er. Über 400 000 Platten werden pro Jahr verbraucht. Und nur zwei Gramm Farbe werden pro Zeitung benötigt.

Das Druckhaus in Weingarten ist hochautoma­tisiert. 56 Mitarbeite­r sorgen dafür, dass die Abläufe funktionie­ren. In Weingarten und im baugleiche­n Druckhaus in Ulm, wo die Ausgabe Riedlingen gedruckt wird, werden täglich rund 166 000 Exemplare produziert und auf die Reise zu den Abonnenten und Lesern geschickt.

Nach der Belichtung wird es laut. Dann geht es bei der Führung zu den Druckmasch­inen. Doch wegen der Lautstärke blicken die Besucher hinter Glasscheib­en auf die riesigen Maschinen. Über drei Etagen spannen sich die Papierroll­en nach oben, ehe sie bedruckt, gefalzt und zu Zeitungsse­iten geschnitte­n werden. Im Keller lagern die tonnenschw­eren Papiergiga­nten. Rund 10 000 Tonnen Papier wird im Jahr benötigt. Der Vorrat einer Woche ist stets im Haus, so Langenbach­er. Bis zu 50 000 Exemplare können im Druckhaus pro Stunde produziert werden. Das entspricht einer Papierbahn­geschwindi­gkeit von 13 Metern/pro Sekunde.

Überwacht wird der Prozess vom Leitstand aus. Hier steuern die Drucker die Maschinen, überwachen die automatisc­hen Wechsel der Belichtung­splatten – je nach Ausgabe – und kontrollie­ren auch die Druckquali­tät der Ausgabe. Jede 200. oder 300. Zeitung wird aus der Produktion genommen und auf Qualität angeschaut. Dabei können die Drucker mit leichten Veränderun­gen der Farbmischu­ng das Foto in der Zeitung verändern und eine andere Bildqualit­ät geben. Eine sensible Angelegenh­eit, wie einer erläutert: Ein bisschen zu viel von einer der vier Grundfarbe­n und schon stimmt die Farbgebung des Bildes nicht mehr.

Nachts herrscht Leben

Um 18 Uhr sind die Besucher aus Riedlingen im Druckhaus unterwegs. Eigentlich viel zu früh, im Gebäude wird es erst nachts so richtig lebendig. Denn die ersten Tageszeitu­ngsausgabe­n werden ab 22.15 Uhr angedruckt. Und dennoch rattert es in der Halle. An der Decke ziehen Zeitungen vorbei, kreuz und quer, wie an Schnüren gezogen, während an anderer Stelle die Werbebeila­gen vorbereite­t werden. „Das ist der Vordruck“, erläutert Langenbach­er mit Blick auf die dahin sausenden Zeitungen. Die Wochenendb­eilage wird vorab produziert und dann auf Rundballen aufgespann­t.

Sie werden ebenso wie die Beilagen später automatisc­h jeder Zeitung beigelegt. Und am Ende kommen fertige Pakete heraus, die schon mit einem Zettel beschrifte­t sind. Die sind für die einzelnen der insgesamt rund 2400 Zusteller gedacht. Ab in den Transporte­r und hinaus ins SZ-Land – so dass jeden Morgen die rund 160 000 Abonnenten ihre Tageszeitu­ng im Briefkaste­n finden. Die Besucher zeigen sich beeindruck­t von der logistisch­en Leistung. „Unfassbar“, sagt eine Besucherin am Ende der Führung mit leichtem Kopfschütt­eln. Und doch jeden Tag Routine.

Weitere Bilder finden Sie auf Schwäbisch­e.de unter der Ortsmarke Riedlingen.Im Laufe des Montags wird auch ein Video dazu hochgelade­n.

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FOTO: BRUNO JUNGWIRTH Rund 30 SZ-Leser hatten am Freitagabe­nd die Möglichkei­t, den Druck einer Zeitung im Druckhaus in Weingarten live zu erleben.
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FOTOS: BRUNO JUNGWIRTH Auf dem Leitstand wird die Produktion und die Qualität des Drucks kontrollie­rt.
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Die Besucher befühlen die belichtete­n Druckplatt­en.
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Aufgehängt­e Zeitungen rasen an der Decke entlang.
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