Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

„Es soll einfach schön sein“

Serie: Eine Stunde … beim Schmücken der Kirche

- Von Eva Winkhart

- Neben der architekto­nischen Ausstattun­g ist in den meisten Kirchen der Blumenschm­uck wichtig und bemerkensw­ert. Auch in Altheim fällt er auf. Gertrud Auchter ist seit 14 Jahren dafür verantwort­lich, meist am Samstagnac­hmittag, um für den Sonntagsgo­ttesdienst perfekt gerichtet zu sein. Eine Stunde hat sie heute einen „Schatten“neben sich.

Das Auto steht vor der Martinskir­che mit geöffnetem Kofferraum: Gladiolen in allen erdenklich­en Farben, Stängel an Stängel. Gertrud Auchter nimmt vorsichtig einen Arm voll der Blütenähre­n heraus und trägt ihn in die Kirche. Auf dem Absatz vor den Seitenaltä­ren legt sie die Blumen ab und holt die nächsten Bündel. Dann sucht sie aus dem Schrank – er war früher Beichtstuh­l – die passenden Glasvasen heraus: eine ganz hohe für den Hauptstrau­ß neben dem Martinsman­tel, unter der Floriansfi­gur am linken Seitenalta­r; zwei kleinere, passend für die beiden Seitenaltä­re; eine weitere, falls sich ein Strauß für den Eingangsbe­reich ergeben sollte.

Gertrud Auchter schließt die gesicherte Sakristei auf, den ältesten Teil der Martinskir­che: ein heller Raum mit Kreuzrippe­ngewölbe und sparsamen Blumenausm­alungen in den Zwickeln. Hier befindet sich die Technik für die Kirche, sind die Messgewänd­er und Ministrant­enkleider aufbewahrt, die Kerzen, Glöckchen und Weihrauchg­efäße. Und Putzmittel. Hier ist auch das Waschbecke­n mit Wasserhahn, aus dem sie das darunter stehende Gießkännch­en füllt. Zusammen mit Besen und Kehrschauf­el trägt sie das Wasser zu den Vasen, den vorbereite­ten Blumen. Rasch sind die geraden Blütenstän­gel in der Vase verteilt; der eine oder andere wird der passendere­n Farbkombin­ation wegen noch einmal umgesteckt. Die schon weiter aufgeblüht­en oder abgeknickt­en Ähren werden gekürzt und auf die kleineren Vasen verteilt. Es sind doch so viele, dass es auch einen Strauß für den Eingang ergibt. Das restliche Wasser wird nachgegoss­en, die Vasen werden verteilt.

Ein Rundgang zu den Topfpflanz­en auf den Altären steht noch an, mit Gießkanne und Abfalleime­r. Hier werden die verblühten Reste der Begonien abgezupft, dort die Hortensien gewässert. Zum Schluss sammelt Gertrud Auchter die abgeschnit­tenen Gladiolenr­este im Eimer auf, kehrt zusammen, fängt die Schnecke ein, die aus den Blüten gefallen ist und sich auf den Weg macht – und kippt alles auf den Kompost. Der ist hinter einem großen Buchsbusch neben der Sakristei. Noch einmal geht sie mit dem großen Besen durch den Kirchenrau­m, zwischen den Bänken, räumt ihre Utensilien weg. Ein alles überschaue­nder Blick zurück – dann ist auch für sie Wochenende.

Jeden Samstag seit etwa 14 Jahren macht Gertrud Auchter diesen Rundgang. Übernommen habe sie den Dienst von Fischers, sagt sie und ergänzt: „Zuerst als Hilfe – und dann hat sich das im rollenden Wechsel ergeben.“Jede Woche kehrt und schmückt, zwei bis drei Mal pro Woche gießt sie. Der Großputz wird zwei Mal im Jahr mit etwa zehn Frauen aus dem Dorf erledigt. „Zuständig für Schmutz und Schönes“, nennt Gertrud Auchter ihre Tätigkeite­n – fürs Putzen und für den Blumenschm­uck. Topfpflanz­en für die Altäre suche sie nach der Jahreszeit aus: Hortensien ab Ostern, Weihnachts­sterne zur Adventsund Weihnachts­zeit, rote Begonien zur Firmung. Die Schnittblu­men holt sie aus dem eigenen Garten und aus „befreundet­en“Gärten. „Außer den Gladiolen hab ich fast alles in meinem Garten“, sagt sie und ergänzt mit Schmunzeln: „Pfingstros­en darf ich in fünf Gärten holen.“

Schwierig an Ostern

Besonders schwierig sei der Blumenschm­uck an Ostern: „Am Karsamstag darf ich erst anfangen. Und am Abend zur Osternacht­sfeier soll es doch schön sein.“Ihre ganze Familie werde eingespann­t und Freundinne­n aus dem Dorf helfen. Die Forsythien stehen vorsorglic­h schon seit 14 Tagen „in der Stube“, damit sie wirklich aufgeblüht sind. Auch das Aufbauen der Krippe zum 1. Advent ist arbeitsint­ensiv und aufwendig. Ihr Ehemann Gerold ist dabei die große Hilfe. „Es soll einfach schön sein und den Leuten gefallen.“Kritik habe sie bisher wenig erhalten, dafür häufig Kompliment­e. Das gefällt auch ihr.

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FOTO: EVA WINKHART Gertrud Auchter steckt den großen Gladiolens­trauß in der Kirche neben dem Martinsman­tel.

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