Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Im Handwerk gibt es noch 143 offene Stellen
Handwerkskammer verzeichnet neun Prozent mehr Lehrverträge
- In rund drei Wochen beginnt das neue Ausbildungsjahr. Das Handwerk meldet einerseits einen Zuwachs an Azubis, andererseits ist aber der Bedarf damit nicht gedeckt. In einer Vielzahl von Gewerken gibt es noch offene Lehrstellen, insbesondere im Bäckerhandwerk, bei den Zimmerern und am Bau.
„Im Handwerk entwickeln sich die Ausbildungszahlen sehr positiv“, berichtet Kirsten Wild, Pressesprecherin der Handwerkskammer Ulm. Bis Ende Juni wurden neun Prozent mehr Lehrverträge abgeschlossen als im Jahr zuvor. In der Folge ist die Zahl der offenen Lehrstellen zurückgegangen. „Im Jahr 2015 waren im Juli 195 Lehrstellen im Landkreis Biberach offen, 2016 waren es 161 und 2017 sind es aktuell 143“, berichtet Wild. In der Ausbildungsbörse der Handwerkskammer sind im Landkreis Biberach derzeit noch 13 freie Stellen im Bäckerhandwerk registriert, zudem elf Zimmerer-, acht Maurer- und sechs Metallbauer-Lehrstellen. Darüber hinaus reicht die Palette der Berufe, in denen im einstelligen Bereich Lehrstellen offen sind, vom Elektroniker über den Karosseriemechaniker bis zum technischen Systemplaner und Hörgeräteakustiker.
Der Obermeister der Bäckerinnung im Landkreis Biberach, Alexander Keim (Mittelbiberach), hat in seinem Betrieb zum neuen Ausbildungsjahr drei Ausbildungsplätze vergeben. Aber eigentlich würde er gerne drei weitere junge Leute einstellen, die Bäcker, Konditor oder Bäckereifachverkäufer werden wollen. Die Erfahrung, dass nicht alle Lehrstellen besetzt werden können, machen er und andere Bäckereiinhaber schon seit längerem. Übers Internet, Jobbörsen, Praktika und Bildungspartnerschaften mit Schulen versuche man gegenzusteuern, sagt der Innungsobermeister. Flüchtlinge auszubilden ist ein weiterer Ansatz. „In Ravensburg gibt es eine reine Bäckerberufsschulklasse für Flüchtlinge. Die Erfahrungen sind gut, aber der Aufwand durch die Sprachkurse ist hoch“, berichtet Keim. Die meisten Möglichkeiten, Azubis zu gewinnen, seien ausgeschöpft, sagt er. „Eine Patentlösung gibt es nicht.“
Zimmereien schaffen Lehrstellen
„Bei den Zimmerern ist die Zahl der Ausbildungsplätze in den vergangenen Jahren konstant nach oben gegangen“, berichtet Innungsobermeister Max Steigitzer (Maselheim). Das duale Studium der Hochschule Biberach – bestehend aus Lehre und Ingenieursstudium – sei sehr gut angenommen worden. „Aber die jungen Leute bleiben nicht bei uns. Für sie ist die Ausbildung das Sprungbrett nach oben“, sagt der Innungsobermeister. Und von den Zimmerern ohne Studium wechsle ein Teil in die Industrie. „Nach 15 Jahren sind von den ehemaligen Auszubildenden noch 20 bis 25 Prozent da“, weiß Steigitzer. Der Fachkräftebedarf könne deshalb nur gedeckt werden, indem viel ausgebildet werde. Bildungspartnerschaften mit Schulen sieht Steigitzer als einen Weg, um mehr junge Leute aus der Raumschaft für den Beruf des Zimmerers zu begeistern. Er hofft dabei auf die Schulen und betont: „Ich bleibe am Ball.“
Aufstiegschancen bei Bauberufen
Am Bau ist die Zahl der Auszubildenden zuletzt angestiegen. Ein Plus von 1,6 Prozent verzeichne das Ausbildungszentrum in Sigmaringen, sagt der Geschäftsführer der Bauinnung Ulm-Biberach, Alexander Rother. „Wir würden gerne mehr ausbilden. Die Betriebe brauchen viel Nachwuchs, sie sehen viel Arbeit auf sich zukommen“, sagt er über die Auswirkungen der guten konjunkturellen Entwicklung. Die Industrie sei eine große Konkurrenz, berichtet Rother über den Wettbewerb um künftige Auszubildende und auch um die fertigen Maurergesellen. Die Baubranche setzt deshalb darauf, gezielt Jugendliche anzusprechen, etwa beim Bauinfotag am 24. Oktober im Ausbildungszentrum in Sigmaringen. Rother streicht die Aufstiegschancen heraus. „Im Handwerk übernehmen die Fachkräfte schneller Führungsfunktionen“, sagt er.
„Dass die Zahl der Auszubildenden im Handwerk steigt, obwohl die Zahl der Schulabgänger sinkt, ist ein doppelter Erfolg“, sagt Kreishandwerksmeister Franz Manz aus Warthausen. „Aber der Kampf um Azubis wird bleiben und er wird größer werden“, ist er sich sicher. In seinem Metallbaubetrieb hat er alle vier Lehrstellen besetzt. Aber landkreisweit sind in der Branche noch Ausbildungsplätze frei. „Das ist normal“, sagt Manz. Ein Problem sei, junge Leute zu bekommen, die die nötigen Voraussetzungen mitbringen würden. „Wer nur Vierer im Zeugnis hat, packt das Ziel nicht“, sagt er. „Die Auszubildenden sind schon gefordert.“Dafür habe man im Metallbau nach der Lehre einen Job fürs Leben und große Chancen.