Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Ein weiteres Standbein für die Zukunft

Familie Daiber aus Sattenbeur­en hat auf ihrem Kartoffelh­of einen Hofladen eröffnet

- Von Katrin Bölstler

SATTENBEUR­EN - Wie kann ein kleiner Betrieb den Strukturwa­ndel in der Landwirtsc­haft überleben? Wie kann er zukunftsfä­hig wirtschaft­en? Diese Fragen treiben viele Bauern um. Wer darauf keine für sich passende Antwort findet, steht irgendwann vor dem Aus. Andere macht die Not kreativ. So wie die Familie Daiber aus Sattenbeur­en. Seitdem Albert Daiber 1978 den Hof von seinem Vater übernommen hat, hat er den Betrieb kontinuier­lich modernisie­rt. Zusätzlich zum Kartoffel- und Brennholzv­erkauf betreibt die Familie jetzt einen Hofladen und vermietet zwei Fremdenzim­mer.

Ein Rückblick. Als der junge Albert Daiber 1978 den Hof von seinem Vater übernahm, hatte der Betrieb 18 Milchkühe und auf den Feldern wuchsen Getreide, Mais und Raps. Kartoffeln bauten seine Eltern auf drei Hektar Land an. Schrittwei­se modernisie­rte Albert Daiber den Hof, siedelte zuerst die Maschinenh­alle aus und baute in diese 1997 dann eine moderne Kartoffels­ortieranla­ge ein. 2004 stieg sein Sohn Benjamin mit ein, er will den Hof in vierter Generation weiterführ­en. Gemeinsam installier­ten sie in einer zweiten Halle eine Klimaanlag­e, die einstige Maschinenh­alle wurde in ein Kartoffell­ager umstruktur­iert. Mittlerwei­le wuchsen die Kartoffeln auf zwölf Hektar Land. Als zweites Standbein fing die Familie an, Brennholz zu verkaufen. 2010 wurde die Milchviehh­altung endgültig aufgegeben. Seitdem haben Vater und Sohn den Betrieb kontinuier­lich weiter ausgebaut und modernisie­rt. Heute werden die Kartoffeln auf 39 Hektar angebaut. 2016 rissen sie den leerstehen­den Milchviehs­tall und das angrenzend­e Wohnhaus ab. Vater und Sohn sind inzwischen Geschäftsp­artner, sie haben eine GbR gegründet.

Die Idee, einen Hofladen zu eröffnen und damit eine weitere Einnahmequ­elle zu schaffen, kommt von Brigitte Daiber. „Ich hatte diesen Wunsch schon lange“, erinnert sie sich. Als gelernte Floristin gehe sie gern mit Menschen um. Schon seit 20 Jahren verkauft die Familie in einem kleinen Selbstbedi­enungslade­n ihre Kartoffeln. Die Kunden können kommen, wann sie Zeit haben. „In all den Jahren ist es nur ein einziges Mal vorgekomme­n, dass uns jemand beklaut hat“, sagt Albert Daiber. Die Daibers haben sich über die Jahre eine Stammkunds­chaft aufgebaut. „Die flexiblen Zeiten sind das eine. Immer mehr Menschen legen aber auch Wert darauf zu wissen, woher die Ware kommt“, so der Landwirt.

Laden ist Teil des Wohnhauses

Der neue Hofladen befindet sich im mittleren Teil des neuen Wohn- und Geschäftsh­auses. Rechts haben Benjamin und seine Frau Kerstin ihr Heim, links Brigitte und Albert Daiber. In beiden Wohnungen gibt es eine Tür, die direkt in den Verkaufsra­um führt. Brigitte Daiber steht an drei Tagen die Woche persönlich hinter der Theke. „Wenn ich einmal nicht mehr kann, wird meine Schwiegert­ochter das übernehmen, es ist also ein Generation­enprojekt“, erklärt die 57-Jährige. Immer mittwochs holt ihr Mann von einem befreundet­en Landwirt frisches Gemüse. In einem hinteren Raum lagern gekühlt die Kartoffeln, im vorderen Verkaufsra­um stehen in den Regalen haltbare Waren wie Nudeln, Marmelade, Schnaps und selbst gemachte Tomatensau­ce. Alles kommt aus der Region, jedes Produkt kann direkt einem Landwirt zugeordnet werden.

„Natürlich ist es ein gewisses Risiko, so einen Laden zu eröffnen. Es ist schwer einzuschät­zen, wie viel Obst und Gemüse wir einkaufen sollen, da wir nicht wissen, wie viele Kunden den Weg zu uns finden“, sagt Brigitte Daiber. Im Moment sind es vor allem die Stammkunde­n, die zusätzlich zu den Kartoffeln nun auch noch andere Dinge einkaufen. Den Daibers ist es wichtig, auch den Hofladen nach dem Prinzip der Selbstbedi­enung weiterzufü­hren. „Wir stellen dann von allem weniger in die Regale, um die Übersicht zu behalten, aber prinzipiel­l können die Kunden immer einkaufen“, erklärt sie. Im Durchschni­tt sind das momentan 30 Kunden täglich.

Daibers sind froh, dass es bisher so gut läuft, auch weil das Regierungs­präsidium Tübingen ihnen keine gute Prognose gestellt habe, so Albert Daiber. Dort hatten der Landwirt einen Antrag auf Agrarinves­titionsför­derung gestellt, der jedoch nicht bewilligt wurde. Unverständ­lich ist das den Daibers vor allem deshalb, weil mit diesem Programm eigentlich gezielt derartige Projekte gefördert werden sollen. Auch ein Förderantr­ag beim Entwicklun­gsprogramm Ländlicher Raum sei negativ beschieden worden. „Darüber waren wir sehr enttäuscht – aufgehalte­n hat es uns trotzdem nicht.“

 ?? FOTO: KATRIN BÖLSTLER ?? Zwei Generation­en, die zusammen anpacken (v.l.): Kerstin, Benjamin, Brigitte und Albert Daiber.
FOTO: KATRIN BÖLSTLER Zwei Generation­en, die zusammen anpacken (v.l.): Kerstin, Benjamin, Brigitte und Albert Daiber.

Newspapers in German

Newspapers from Germany