Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Mit dem Tablet auf Borkenkäfe­r-Jagd

Förster im Kreis Biberach setzen auf digitale Technik - 2017 besonders viele Schädlinge

- Von Andreas Spengler

BIRKENHARD - Mit moderner Technik geht die Forstverwa­ltung im Kreis Biberach gegen Borkenkäfe­r vor: Sie nutzt dafür Onlinekart­en und Tablets. Das Pilotproje­kt soll helfen, die Zahl der Schädlinge schneller und fehlerlos zu erkennen.

Früher kam es vor, dass der Holzerntef­ahrer in den Forst fuhr und zu fluchen begann, weil er den befallenen Baum nicht finden konnte oder ein Punkt auf der Karte falsch gesetzt war. Es kam vor, dass ein Forstarbei­ter an einem feucht-nebligen Morgen mit einer klammen Papierkart­e durch den Wald streifte. Und es kam vor, dass Sachgebiet­sleiterin Karin Ott abends beim Übertragen der Karten einen Punkt übersehen hat. „Man vertut sich halt mal“, sagt sie.

Der Borkenkäfe­r dürfte sich darüber gefreut haben, für die Forstverwa­ltung aber ging wertvolle Zeit im Kampf gegen den Schädling verloren. „Befallene Bäume müssen wir schnell finden, ernten und rausschaff­en“, sagt Ott. „Wenn’s dumm läuft, kann ein Weibchen sonst bis zu 100 000 Nachkommen produziere­n.“

Positive Resonanz

Rund sechs Wochen bleiben Ott und ihren Kollegen vom ersten Befall bis zum Zeitpunkt, an dem der Baum aus dem Wald sein muss. Ott suchte nach einer Möglichkei­t, dieses Verfahren zu beschleuni­gen. Und fand die Lösung in der modernen Technik. 15 Tabletgerä­te sind seit diesem Jahr im Einsatz. Flach wie ein Papier, handlich wie ein Buch und vor allem mit einem GPS-Signal, das den genauen Standort erkennt. Rund 350 Euro pro Gerät hat der Landesbetr­ieb ForstBW dafür aus seinem ITBudget bezahlt. Das Landesamt für Geoinforma­tion und Landentwic­klung begleitet das Pilotproje­kt.

Im September oder Oktober will Ott einen Abschlussb­ericht erstellen. Doch schon jetzt sei „die Resonanz positiv“. Die Bäume lassen sich per GPS bestimmen und mit einer Software markieren, der Revierleit­er kann den Fortschrit­t leichter nachvollzi­ehen. Und doch zeigen sich im Alltag kleine Schwächen: Nicht überall im Wald ist ein GPS-Signal verfügbar.

„Es dauert teilweise, bis sich der Standort aktualisie­rt“, erklärt Ott. Auch zur Übertragun­g der Daten auf den Server müssten die Forstarbei­ter teilweise aus dem Wald fahren, um eine Verbindung zum Mobilfunk zu erhalten. Dennoch wolle sie nicht mehr auf die Geräte verzichten. „Ich find’s super, mit denen zu arbeiten.“Die kleine Revolution im Kampf gegen den Borkenkäfe­r kommt offenbar zur rechten Zeit. So viele Borkenkäfe­r wie in diesem Jahr waren schon lange nicht mehr unterwegs. Das warme Wetter begünstigt das Wachstum.

Ab Temperatur­en von rund 16 Grad über mehrere Tage schwärmen die Tiere aus ihren Winterquar­tieren aus und befallen umliegende Bäume, in der Regel Fichten. „Die suchen sich vor allem die schwachen Individuen aus“, sagt Ott und meint damit zum Beispiel freistehen­de oder vorgeschäd­igte Bäume. Vor allem der Buchdrucke­r verursacht unübersehb­are Spuren.

Auf einer Waldlichtu­ng in der Nähe des Forststütz­punkts Birkenhard reckt Ott den Finger in die Höhe und deutet auf einige Löcher in der Rinde einer Fichte, aus denen braunes Bohrmehl fällt. Zudem hat sich die Baumkrone rötlich verfärbt. Die Käfer fressen sich immer weiter ins Holz, die Nährstoffk­ette ist gestört und die Wasserzufu­hr abgeschnit­ten. „Der Baum hat keine Chance mehr und stirbt“, sagt Ott.

Schaden nicht nur für Umwelt

Nicht nur der ökologisch­e Schaden ist gewaltig, sondern auch der wirtschaft­liche. Ein Festmeter Käferholz kostet in der Regel bis zu 85 Euro, Frischholz hingegen bis zu 95 Euro. Zudem muss der Baum deutlich früher gefällt werden als ursprüngli­ch geplant. Um zu erfahren, wann der Borkenkäfe­r ausschwärm­t, haben die Forstarbei­ter bereits im Frühjahr Fallen mit Lockstoffe­n aufgebaut. Sobald sie beobachten, dass die Zahl der Käfer zunimmt, begeben sich die Mitarbeite­r von Forst BW auf die Suche. Kein einfaches Unterfange­n, denn immerhin ist das Kreisforst­amt im Kreis Biberach zuständig für rund 11 500 Hektar Staatswald, 4800 Hektar Kommunal- und Kirchenwal­d und 8500 Hektar Privatwald. „Systematis­ch laufen wir die gefährdete­n Waldfläche­n ab“, sagt Ott. Befallene Bäume werden mit neonfarben­em „K“besprüht. „K“wie Käfer.

Ott geht davon aus, dass es am Ende des Jahres deutlich mehr sein werden als üblich. Und sie glaubt auch, dass der Klimawande­l die Entwicklun­g des Käfers in Zukunft begünstigt. Deshalb will sie vorbereite­t sein und nicht auf die Vorteile moderner Technik verzichten. Ob das Pilotproje­kt Schule macht, ist noch offen. Forst BW erklärt auf Anfrage: Als „moderne Verwaltung“sei sie „bestrebt, Möglichkei­ten der Digitalisi­erung zu prüfen und zu nutzen“.

 ?? FOTO: ANDREAS SPENGLER ?? Sachgebiet­sleiterin bei Forst BW, Karin Ott, ist Initiatori­n für das Tablet-Projekt im Landkreis.
FOTO: ANDREAS SPENGLER Sachgebiet­sleiterin bei Forst BW, Karin Ott, ist Initiatori­n für das Tablet-Projekt im Landkreis.

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