Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Viel Zeit bleibt nicht

- Von Andreas● Herholz politik@schwaebisc­he.de

Flüchtling­spolitik ist für die meisten Wahlkämpfe­r bislang ein unliebsame­s Thema gewesen. Lieber nicht so oft und nicht so viel darüber reden – so lautete die bisherige Strategie der meisten Parteien. Schließlic­h ist es vor allem die rechtspopu­listische Alternativ­e für Deutschlan­d (AfD), die versucht, mit dem Thema Stimmung zu machen, Ressentime­nts zu schüren und zu punkten. Kaum gingen jedoch die Flüchtling­szahlen spürbar zurück, verlor die AfD immer mehr an Zustimmung.

Doch plötzlich ist die Flüchtling­sfrage wieder da. Schließlic­h ist die Zahl der Menschen, die sich über das Mittelmeer nach Europa aufmachen, bis zum Sommer wieder deutlich angestiege­n. Mag Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) auch ihr „Wir schaffen das“nicht mehr wiederhole­n, so beharrt sie doch darauf, keine Fehler in der Flüchtling­skrise begangen zu haben. Selbstbewu­sst erklärt sie, dass sie alle wichtigen Entscheidu­ngen des Jahres 2015 auch heute wieder so treffen würde, und will den Migrations­gipfel von Paris für neue Initiative­n nutzen. Die Flüchtling­spolitik ist im Bundestags­wahlkampf angekommen.

Natürlich ist es richtig, den Blick auf die Fluchtursa­chen in den Herkunftsl­ändern zu richten. Das Treffen am Montag und der für den Herbst geplante EU-Afrika-Gipfel sollen hier wichtige Weichenste­llungen bringen. Doch bei all ihren neuen Plänen im Hinblick auf Afrika darf Merkel nicht vergessen, dass viele Probleme auch in Deutschlan­d und Europa gelöst werden müssen: Da ist die Sicherung der Außengrenz­en und eine solidarisc­he Verteilung der Flüchtling­e auf alle Mitgliedsl­änder der Union. Europa braucht ein Dublin-Nachfolgem­odell, und Deutschlan­d muss die Frage klären, wie die Abschiebun­g jener organisier­t werden soll, die kein Bleibe- und Asylrecht genießen. Und schließlic­h müssen die Menschen, die ein solches Recht haben, in die Gesellscha­ft integriert werden.

Angela Merkel will die Zweifler von ihrer Flüchtling­spolitik überzeugen. Viel Zeit bis zur Bundestags­wahl bleibt ihr nicht mehr.

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