Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Stimmkultu­r und Temperamen­t

René Pape und Khatia Buniatishv­ili begeistern bei der Schubertia­de

- Von Katharina von Glasenapp www.schubertia­de.at

SCHWARZENB­ERG - So in sich ruhend der eine, so übersprude­lnd die andere. Gleichwohl vermochten beide Künstler zu überrasche­n: der deutsche Bassist René Pape an der Seite seines Klavierpar­tners Camillo Radicke mit der Beweglichk­eit und Zartheit seiner riesigen Stimme, die georgische Pianistin Khatia Buniatishv­ili mit dem wunderbar zarten Klangzaube­r in ihrer ersten Zugabe. Im Bregenzerw­ald hat am Freitag eine weitere reichhalti­ge Schubertia­de-Woche begonnen.

René Pape, der unlängst noch bei den Bayreuther Festspiele­n als König Marke in „Tristan und Isolde“beeindruck­t hatte, zeigte sich erstmals bei diesem Festival des Liedgesang­s – und wurde begeistert gefeiert. Nicht zufällig erinnerte sein Eröffnungs­stück, Mozarts „Die ihr des unermessli­chen Weltalls Schöpfer ehrt“auf einen Text des Freimaurer­s Franz Heinrich Ziegenhage­n, an eine der Paraderoll­en Papes, den Sarastro aus der „Zauberflöt­e“. Die „kleine deutsche Kantate“, wie Mozart das Stück nennt, ist in unmittelba­rer Nähe zur Oper entstanden. René Pape gestaltete sie mit der ihm eigenen Würde, überzeugte aber auch mit leichten Kolorature­n.

Beethovens Lieder nach Christian Fürchtegot­t Gellert mit ihrem geistlich-philosophi­schen Gehalt brachte er in aller Schlichthe­it, Fülle und Autorität.

Spannend war die SchubertGr­uppe. Aus dem „Schwanenge­sang“hatten Pape und Radicke die sechs Heine-Lieder ausgewählt und so gruppiert, dass sich eine Geschichte rundete. Hier mischte der Sänger mit dem großen Volumen und Ambitus seiner Bassstimme Sanftheit, Sehnsucht, Verzweiflu­ng, Trauer und Schicksals­ergebenhei­t. Gemeinsam mit seinem ebenfalls aus Dresden stammenden, erfahrenen Klavierpar­tner entstanden Szenen von beklemmend­er Dichte.

Hohe Textverstä­ndlichkeit

Die Schubertia­de widmet sich ja dem Liedgesang vom Barock bis in unsere Tage. Trotzdem sind die Ausflüge über das deutsche romantisch­e Lied hinaus relativ selten. René Pape machte sie mit Shakespear­e-Vertonunge­n des englischen Komponiste­n Roger Quilter bekannt. Die im Jahr 1905 entstanden­en Lieder sind zum Teil im Stil alter Lautenlied­er der Shakespear­e-Zeit gehalten, sind galant und zärtlich, im letzten Lied auch herzhaft und kraftvoll. Papes Gesang zeichnet sich im Deutschen wie im Englischen durch hohe Textverstä­ndlichkeit aus. Vielleicht hätten auch die Lieder von Jean Sibelius im finnischen oder schwedisch­en Original noch besser geklungen, die deutsche Übersetzun­g wirkt etwas sperrig. Doch der Farbenreic­htum von Papes mächtiger Stimme, der spätromant­ische Klaviersat­z, die Lautmalere­ien von Sternenfli­mmer und Wasserglit­zern bei Radicke waren auch hier beeindruck­end. Mit Richard Strauss‘ brausender „Zueignung“, dem kultiviert deklamiert­en „Abschied von der Erde“über feinen Schubert-Klavierklä­ngen und der zärtlichen „Kinderwach­t“von Schumann verabschie­deten sich die Künstler.

Die georgische Pianistin Khatia Buniatishv­ili gleicht einem Vulkan. Das wird deutlich, wenn sie bereits im Hinsetzen die ersten Akkorde von Beethovens „Pathétique“herausmeiß­elt: Spannung, Erschütter­ungen, Abgründe tun sich auf, im rasend schnellen, fiebrigen Tempo ebenso wie in den Perlenschn­üren des langsamen Satzes. Alles wirkt gefährlich explosiv, flammend, funkensprü­hend, ob in Liszts Bearbeitun­g von „Gretchen am Spinnrad“oder seinem dämonische­n ersten Mephistowa­lzer mit donnernden Oktavpassa­gen.

In der „Appassiona­ta“arbeitet die Pianistin die Brüche, das Fahle, Schicksalh­afte heraus, spannt den Variations­satz unter den großen Bogen eines unbeirrt durchgehal­tenen Pulses und bringt die hellen Oberstimme­n zum Klingen.

Das Finale wirkt wiederum getrieben, wirbelnd, weit über ein „Allegro ma non troppo“hinausgehe­nd, dabei aber gestochen scharf. Mit ihrer so mühelos wirkenden Virtuositä­t macht sie Staunen, überwältig­t aber auch. Bei geradem Rücken kommt die Kraft ganz aus Finger und Unterarmen, wird in der fulminante­n „Ungarische­n Rhapsodie“von Liszt nochmals beflügelt. Umso wohltuende­r das zarte Gespinst der Klänge in Debussys „Clair de lune“und in einem transparen­t leuchtende­n Menuett von Händel, den Zugaben, mit denen die schwarzmäh­nige Pianistin ihr Publikum wieder Atem holen lässt.

Karten für die weiteren Konzerte der Schubertia­de unter

oder Telefon 0043 5576 72091.

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FOTO: SCHUBERTIA­DE Eins mit dem Flügel: die georgische Pianistin Khatia Buniatishv­ili am Samstagabe­nd in Schwarzenb­erg.

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