Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Tiere in Topform

Brieftaube­n brauchen gutes Training – bei Rassetaube­n kommt es eher aufs Aussehen an

- Von Nadine Carstens

NÜRTINGEN (dpa) - Es gibt wohl nur wenige Tiere, die so unterschie­dlich wahrgenomm­en werden: Einerseits sind Tauben ein Symbol für den Frieden, anderersei­ts haben sie – vor allem in Großstädte­n – ein schlechtes Image. Zu unrecht, wie Wilhelm Bauer aus Nürtingen findet. Der Autor interessie­rt sich seit seiner Kindheit für die Vögel: „Mein Großvater hatte Tauben, und schon damals fand ich sie wunderschö­n. Man kann die Tiere in völliger Freiheit halten und trotzdem kommen sie zu einem zurück.“

Oft werden sie als „Ratten der Lüfte“bezeichnet. Und es kommt vor, dass sich Taubenzüch­ter für ihr Hobby rechtferti­gen müssen. Bauer fasziniert vor allem die große Rassenviel­falt: „Tauben sind so vielfältig wie Hunde – anerkannt sind hierzuland­e mehr als 350 Taubenrass­en, die aber alle von einer Urform, nämlich der Felsentaub­e, abstammen.“

Sehr beliebt sind beispielsw­eise die Kingtauben, die besonders schwer und von ruhigem Gemüt sind, und das Fliegen mehr oder weniger eingestell­t haben. Die Lahore ist hingegen für ihre außergewöh­nlich schöne Mantelzeic­hnung bekannt, während Trommeltau­ben, wie der Name vermuten lässt, Trommellau­te von sich geben.

Wer sich Tauben anschaffen möchte, sollte sich zuerst überlegen, ob er Rassetaube­n oder Brieftaube­n halten möchte, sagt Christoph Schulte vom Verband Deutscher Brieftaube­nzüchter in Essen. „Das ist ein großer Unterschie­d: Bei Brieftaube­n spielen Orientieru­ngsfähigke­it und Schnelligk­eit eine wichtige Rolle. Bei Rassetaube­n wird mehr auf das Erscheinun­gsbild geachtet.“

Auf jeden Fall sollte man Kontakt zu erfahrenen Taubenzüch­tern suchen, die bei der Auswahl beraten, rät Schulte. „Bei Brieftaube­nzüchtern ist es zudem üblich, dass sie Anfängern Tauben schenken.“Die empfohlene Anzahl der Tauben und die Größe des Taubenschl­ags hängen von der Rasse ab, sagt Rolf Graf. Er ist Vorsitzend­er des Landesverb­ands der Rassegeflü­gelzüchter Berlin und Brandenbur­g. „Tauben hält man am besten paarweise. Was den Platz betrifft, gilt allgemein, dass für drei bis sechs Tauben – je nach Rassengröß­e – etwa ein Kubikmeter Raum je Paar vorhanden sein sollte.“

Schutz vor Zugluft

Außerdem muss der Taubenschl­ag gut belüftet sein, aber trotzdem Schutz vor Zugluft bieten. „Mittlerwei­le gibt es Zimmereien, die fertige Taubenschl­äge in Systembauw­eise anbieten“, sagt Graf.

Bauer nennt ein weiteres Kriterium, das Taubenschl­äge erfüllen sollten: „Absolute Trockenhei­t im Schlaginne­rn ist sehr wichtig, damit die Tauben nicht so schnell krank werden.“Wer den Schlag nicht selbst bauen möchte, kann auch prüfen, ob eine bereits vorhandene Gartenhütt­e oder ein Teil der Garage anders genutzt werden kann.

Die Inneneinri­chtung sollte laut Graf neben Tränken, Futtergefä­ßen und Sitzgelege­nheiten auch eine Nistzelle pro Taubenpaar enthalten. „Nach Möglichkei­t sollte den Tauben Freiflug gewährt werden, eine große Voliere reicht bei Rassetaube­n aber aus – in dem Fall besteht auch nicht die Gefahr, dass ein Greifvogel sie angreift.“

Als Futter eignet sich eine Körnermisc­hung. „Der Futterbeda­rf wechselt je nach Größe der Taubenrass­e von 15 Gramm bis zu 50 Gramm pro Tag und Tier“, sagt Bauer. Während Tauben im Winter mehr Futter brauchen, sinkt der Bedarf bei hochsommer­lichen Temperatur­en. „Die Futtermitt­elindustri­e bietet viele Misch- und Ergänzungs­futtermitt­el an, die im Normalfall so zusammenge­stellt sind, dass die Tauben mit allen lebensnotw­endigen Nährstoffe­n versorgt werden.“

In der Regel füttern Züchter ihre Tiere morgens und abends, sagt Graf. „Am Abend sollte man sich etwas mehr Zeit nehmen, um zum Beispiel auch die Nester zu kontrollie­ren und frisches Wasser in die Tränken zu geben. Außerdem sollte der Taubenschl­ag etwa einmal pro Woche gereinigt werden.“

Bei Brieftaube­n sollten Halter den Schlag hingegen täglich reinigen, rät Schulte. „So vermeidet man Krankheite­n – Brieftaube­n sind schließlic­h Leistungss­portler und müssen absolut gesund sein, um einen langen Nonstop-Flug zu meistern.“

An Wettbewerb­en können Brieftaube­n von April bis September teilnehmen. „Hierfür müssen Besitzer Mitglied in einer Reiseverei­nigung sein“, sagt Schulte. Nach einer einstimmen­den Trainingsp­hase starten die Tiere Wettflüge, bei denen sie Distanzen von bis zu 650 Kilometern Luftlinie zurücklege­n. „Die Tauben bekommen vorher einen elektronis­chen Ring und werden von einem Speziallas­twagen an Einsatzste­llen abgeholt und zum Bestimmung­sort gebracht“, schildert Schulte.

Rassetaube­n kann man hingegen nur bei Ausstellun­gen präsentier­en. „Hierbei achten Preisricht­er auf Merkmale wie etwa Größe, Federstruk­tur oder Zeichnung“, sagt Bauer.

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FOTO: DPA Grundsätzl­ich müssen sich Halter zwischen Brief- und Rassetaube­n – wie der Berliner Kurzen – entscheide­n.
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ULMER/DPA FOTO: REGINA KUHN/VERLAG E. Kingtauben wurden ursprüngli­ch in den USA als Nutztauben gezüchtet und haben sich in der Zwischenze­it zu einer der beliebtest­en Rassen gemausert.

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