Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Missbrauch der 110 nimmt zu
Falsche Notrufe sind strafbar
BERLIN/MÜNCHEN (dpa) - Die Zahl falscher Notrufe und der Missbrauch von sogenannten Nothilfemitteln hat zugenommen. Wie das Bundeskriminalamt mitteilte, gab es im vergangenen Jahr fast 11 000 Verstöße. Gezählt werden neben falschen Notrufen auch Beschädigungen von „Unfallverhütungsund Nothilfemitteln“wie Feuerlöschern oder Nothämmern. 2015 hatten die Landeskriminalämter insgesamt rund 300 Fälle weniger registriert. Der Missbrauch eines Notrufs ist strafbar. Täter können mit Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren oder Geldstrafen belangt werden.
Viele falsche Notrufe tauchen aber erst gar nicht in der BKA-Statistik auf, weil keine böswillige Absicht vorliege, sagte Björn Neureuther, Vorsitzender des Bundesfachausschusses Schutzpolizei der Polizeigewerkschaft GdP. Häufig wählten Menschen den Notruf, die Hilfe oder Kontakt suchten oder beispielsweise verlorene Tiere melden wollten. „Uns ist es lieber, wenn Menschen einmal zu oft anrufen. Menschen, die Probleme haben, sollen sich weiter an die Polizei wenden“, sagte Neureuther. „Doch wenn es um Menschenleben geht, wird nicht lange gefackelt“, betonte er. Dann fahre die Polizei ihr ganzes Arsenal auf. Umso größer sei die Erleichterung, wenn sich vermeintliche Brände, Überfälle oder Amokläufe als falsch herausstellten. Auch wenn es sich dabei um einen Missbrauch gehandelt habe.
Die Polizeidirektion Süd in Sachsen-Anhalt, bei der täglich etwa 350 Notrufe eingehen, schätzt die Zahl falscher Notrufe auf etwa die Hälfte. Zum täglichen Geschäft gehörten Fragen nach Telefonnummern. Typisch seien auch Pizzabestellungen, Fragen nach dem Weg oder der Uhrzeit.
„Doch es gibt gegenüber der Polizei meist noch eine gewisse Hemmschwelle“, teilt die Pressestelle der Gewerkschaft mit. Weil viele sich vor möglichen Strafen fürchteten, halte sich die Zahl der wirklich böswilligen Anrufe in Grenzen. „Wie wir hören, hat die Feuerwehr damit ein größeres Problem.“
Eine Aussage, die Rettungsdienste in Hessen und Rheinland-Pfalz bestätigen dürften. Seit zwei bis drei Monaten häuften sich Notrufe wegen angeblich ins Wasser gefallener Menschen, sagte Axel Pitthan vom Lagedienst der Wiesbadener Feuerwehr. Die Fehlalarme seien mit einem enormen zeitlichen und personellen Aufwand verbunden. In einem Fall habe die Feuerwehr sogar eine Suchaktion gestartet. Taucher, Wärmebildkameras, ein Polizeihubschrauber und die DLRG seien im Einsatz gewesen und hätten den Main abgesucht. „Erst wenn man sich wirklich überzeugt hat, dass da nichts war, kann man wieder zurückfahren“, sagt ein Polizeisprecher über Einsätze, bei denen sich schnell abzeichnet, dass es sich um Falschmeldungen handeln könnte. Auch Anrufe, die völlig absurd klingen, können die Beamten nicht einfach ignorieren, weil sichergestellt sein muss, dass kein Notfall vorliegt.