Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Merkel, „die gute Steuerfrau“
CDU-Landeschef Thomas Strobl macht Bundestagswahlkampf in Bad Buchau
BAD BUCHAU - Dunkelgrauer Anzug im Landhausstil, ruhiges Auftreten, sparsame Gestik, ein Hang zum Understatement: Thomas Strobl strahlt solide Beständigkeit aus, vom Scheitel bis zur Sohle. Zusammen mit dem Bundestagsabgeordneten Josef Rief ist der baden-württembergische Innenminister ins Kurzentrum Bad Buchau gekommen, um Wahlkampf zu betreiben. Warum man seine Partei am 24. September wählen sollte, begründet der CDULandesvorsitzende so: „weil’s uns in Deutschland gar nicht mal so schlecht geht“.
Die frühere Europaabgeordnete Elisabeth Jeggle, Bundestagsabgeordneter Josef Rief, der junge CDUHoffnungsträger Christian Natterer (Platz neun auf der Landesliste) und natürlich Innenminister Thomas Strobl: Selten ist die Dichte an Berufspolitikern im kleinen Saal Seekirch, in dem für gewöhnlich die Buchauer Gemeinderatssitzungen abgehalten werden, so hoch wie an diesem Freitagabend. Im Publikum dagegen finden sich noch einige leere Sitzplätze. Und es sind überwiegend ältere Bürger, die in den frühen Abendstunden die Wahlveranstaltung besuchen.
So wundert es nicht, dass in der kurzen Fragerunde die Rentenpolitik im Vordergrund steht. Zuvor jedoch greifen Strobl und sein Parteifreund Rief einige Punkte aus dem Wahlprogramm heraus. Die Botschaft: In Deutschland lasse es sich gut leben – und das solle auch so bleiben. „In Bad Buchau gibt es eine tolle wirtschaftliche Entwicklung, eine tolle Natur, und das keine 100 Meter weit vom Marktplatz entfernt, wo man alles kaufen kann“, lobt Rief – vielleicht etwas zu überschwänglich, wie einzelne Lacher aus dem Publikum nahelegen.
Auch Strobl geht, nachdem er aus Höflichkeit gegenüber seinen Gastgebern kurz das Gesundheits- und Kurwesen streift, auf die gute wirtschaftliche Entwicklung ein. Und der CDULandeschef lässt keinen Zweifel daran, wessen Verdienst dies ist. So habe sich die Arbeitslosigkeit seit Angela Merkels Kanzlerschaft halbiert, sagt Strobl, ohne jedoch Zahlen zu nennen. Kein Grund aber, sich in der Zufriedenheit auszuruhen, findet der Innenminister: „Wir wollen, dass die Arbeitslosigkeit in Deutschland so niedrig wird wie sie in BadenWürttemberg schon ist.“Erreicht werden soll dieses Ziel ohne neue Schulden und ohne Steuererhöhung, stellt Strobl in Aussicht: „Und weil wir vor der vergangenen Wahl das auch versprochen und es auch eingehalten haben, kann es ja sein, dass wir es wieder tun.“
Strobl neigt zu solchen Understatements. Spitzen gegen die anderen Parteien, auch gegen die Koalitionspartner, gibt es zwar ebenfalls, wie zu Wahlkampfzeiten eben üblich. Insgesamt hält sich der Innenminister allerdings zurück. Strobl lässt das sperrige Rednerpult links liegen, um sich ungezwungen, frei und ohne Redemanuskript an die Besucher zu wenden. Seine Sprache ist ruhig, beinahe bedächtig. Der gemütlich-weiche Heilbronner Akzent und die sparsam eingesetzten Gesten verstärken diese Wirkung noch.
Aus der Fassung bringt ihn auch nicht der Einwurf eines Zuhörers, der dem Land vorwirft, „auf dem linken Auge sehr, sehr blind“zu sein. Strobl kontert ruhig, er habe schon frühzeitig vor dem Linksextremismus gewarnt: „Das können Sie mal nachlesen.“Die Aufhebung einer radikalen Internetplattform vor wenigen Tagen in Freiburg sei „ein herber Schlag für den Linksextremismus in Deutschland gewesen“und in erfolgreicher Zusammenarbeit von Bundes- und Landespolizei verwirklicht worden.
„Herz und Härte“
Genauso interessant wie das, was Strobl sagt, ist auch das, worüber er nicht spricht. Die AfD, die in BadenWürttemberg im Landtag sitzt und gute Chancen hat, auch in den Bundestag einzuziehen, erwähnt der Christdemokrat mit keiner Silbe. Auch das heiße Eisen Flüchtlingspolitik spart Strobl zunächst aus. Erst eine Frage aus dem Publikum – „Gibt’s eigentlich keine Flüchtlingsprobleme mehr?“– drängt ihn dazu, auf das Thema einzugehen. Was er denn auch ausführlich tut. „Wir brauchen beides, Herz und Härte“, wiederholt Strobl seine bekannte Aussage. Das heißt: Flüchtlinge gemäß der Genfer Menschenrechtskonvention aufnehmen und integrieren; Menschen ohne Bleibeperspektive, nach Strobl etwa die Hälfte, „sehr schnell zurückführen“. Sogenannte „Gefährder“etwa würden nirgends so konsequent abgeschoben wie in Baden-Württemberg. Doch auch an der richtigen Haltung der Bundes-CDU lässt der Schäuble-Schwiegersohn keinen Zweifel: „Die gute Steuerfrau in stürmischer Zeit ist die Angela Merkel.“