Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Damit sich Betriebe auf ihre Mitarbeiter verlassen können
Verhaltensforscher an der SRH-Fernhochschule erforschen die Integrität von Bewerbern
RIEDLINGEN (sz) - Integrität oder Loyalität? Auf welche Werte sollten Unternehmer setzen, wenn sie Bewerber für Führungspositionen auswählen? Mit dieser Frage beschäftigt sich Verhaltensforscherin Dr. Petra Arenberg, Professorin der SRHFernhochschule Riedlingen. Durch eine Studie mit dem Verhaltenswissenschaftler und Studierenden der Fernhochschule, Marco Renz, konnten nun neue Wege zur Integritätsprüfung aufgezeigt werden.
Ob VW-Abgasskandal, die Pleite der US-Bank Lehman Brothers oder die Korruptionsaffäre der Fifa, viele Unternehmen und Organisationen stehen immer wieder in der öffentlichen Kritik. Regelverstöße und rücksichtslose Entscheidungen einzelner Mitarbeiter und Führungskräfte waren und sind oft Ursache für unternehmensschädigende Folgen: Strafzahlungen in Milliardenhöhe, Einbrüche der Aktien an den Märkten und ein langfristiger Imageverlust.
„Bei der Stellenbesetzung in Deutschland war bisher vorwiegend Loyalität gefragt“, sagt Professor Dr. Petra Arenberg, Leiterin der Abteilung Psychologie und Gesundheit an der SRH-Fernhochschule. Um jedoch Reputationsschäden zu entgegen, sind Unternehmen heute gezwungen, bei der Mitarbeiterwahl noch sensibler vorzugehen.
In ihrer Studie konnten Arenberg und Marco Renz nun neue Wege aufzeigen, um die Integrität von aktuellen und potenziellen Mitarbeitern und Führungskräften zu prüfen (https://www.mobile-university.de/ de/forschung/). Ziel der Studie war es, bereits im Vorfeld durch Integritätstests potenzielles Fehlverhalten wie Diebstahl, Sabotage und Mobbing von Bewerbern zu erkennen.
Dadurch gewännen Personaler „relevante Informationen über die Eignung einer Person für eine spezifische Position im Unternehmen“, erklärt die Verhaltensforscherin. „Aber auch für die Öffentlichkeit und für Mitarbeiter bietet ein Integritätstest Schutz vor manipulierenden, rücksichtslosen, wenig integeren Mitarbeitern und Chefs.“
40 Prozent sind wenig integer
Grundlage für ihre Forschung war eine Feldstudie mit echten Bewerbern. Dabei durchliefen 52 Kandidaten Einzelassessments mit Persönlichkeitsund Integritätstest. Das Ergebnis der Studie zeigt, dass mit 40 Prozent der internen und externen Bewerber – unabhängig von Geschlecht, Abschluss und Position im Unternehmen – fast die Hälfte aller Teilnehmer sich wenig bis gar nicht integer verhalten würden.
Ein Zusammenhang zwischen der Integritätsausprägung einer Person und ihrer Neigung zu kontraproduktivem Verhalten konnte somit statistisch nachgewiesen werden. Menschen mit niedrigen Integritätswerten werden beispielsweise öfter abgemahnt, sind gewalttätiger oder sabotieren andere.
Zum Schutz der Öffentlichkeit
Das Fazit der beiden Studienverantwortlichen: „Integritätstests für Unternehmen bieten vor allem bei sensiblen, sicherheitsrelevanten Bereichen wie dem Energiesektor oder der Personenbeförderung Chancen bei der frühzeitigen Identifikation von kontraproduktivem Verhalten von Mitarbeitern und Führungskräften und dienen somit auch dem Schutz der Öffentlichkeit und anderer Mitarbeiter.“