Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Weil Kinder die Welt verändern können
Ökumenische Kinderwoche in Bad Schussenried feiert 30-jähriges Bestehen
BAD SCHUSSENRIED - Katholiken und Protestanten an einem Tisch, das war in Oberschwaben lange undenkbar. In Bad Schussenried hingegen treffen seit bereits 30 Jahren Kinder beider Konfessionen eine Woche aufeinander – und das seit Beginn ohne irgendwelche Probleme. Anlass genug, um auf diese drei Jahrzehnte ökumenischer Kinderwoche zurückzublicken.
„Viele Familien konnten früher nicht in den Urlaub reisen, deshalb wollten wir den daheim gebliebenen Kindern etwas bieten“, erinnert sich Andrea Schwer an die Anfänge. Sie war 16 Jahre lang im Organisationsteam der Kinderwoche. „Der Initiator, der evangelische Pfarrer Horst Oberkampf, ist ein sehr offener Mensch, weshalb es keine Frage war, die Kinderwoche zugänglich für alle Kinder zu gestalten“, sagt Schwer.
So waren bei der ersten Kinderwoche im Jahr 1986 bereits 50 Kinder beider Konfessionen dabei. „Unser Ferienprogramm kam in Bad Schussenried echt gut an“, erinnert sich Schwer. „Die Kinderwoche war damals die einzige Ferienbetreuung und deshalb wahrscheinlich so gut besucht.“Jahr für Jahr kamen mehr Kinder dazu. So waren es 1987 schon 100 und 1996 wurde der Rekord mit 250 Kindern geknackt. Für das Programm ließen sich die Organisatoren bei der ersten Kinderwoche etwas Besonderes einfallen. Die meisten dieser Programmpunkte kamen so gut an, dass sie bis heute beibehalten werden. Andere Aktionen ersetzen die Teamleiter entsprechend der Bedürfnisse der Kinder. So gab es zu Beginn immer dienstags einen Ausflug. „Uns ist aber aufgefallen, dass viele Kinder sich im Wald gar nicht auskennen, so entschieden wir uns für einen Waldtag anstatt dem Ausflugstag.“
Was blieb war, dass die Kinder immer mittwochs ein Theaterstück zu einer biblischen Geschichte einstudieren. „Ganz besonders ist mir da die Geschichte von der Arche Noah in Erinnerung geblieben“, erzählt Schwer, „denn die Kinder haben tolle und farbenfrohe Kostüme gebastelt.“Zum abschließenden Gottesdienst mit Theaterstück am Sonntag gab es jedes Jahr ein rekordverdächtiges Buffet. „Beim größten oberschwäbischen Puddingbuffet gab es jedes Jahr zwischen 50 und 70 Puddings“, sagt Schwer.
„Viele der Kinder geben uns auch die Rückmeldung, dass sie es toll finden, etwas Schönes im nächsten Jahr noch einmal zu machen“, ergänzt Anuschka Kiess, die seit sechs Jahren die Kinderwoche mitorganisiert. Relativ neu im Programm ist, dass die Kinder montags schwäbische Dinnete backen und donnerstags an einer Kirchenolympiade teilnehmen, erklärt die 49-Jährige. Ab einem Alter von sechs Jahren können Kinder die Kinderwoche besuchen.
Mittlerweile sind die Teilnehmerzahlen nicht mehr ganz so hoch wie am Anfang. An manchen Tagen sind es 80, an anderen 50 Kinder. „Das liegt einerseits daran, dass es heutzutage viel mehr Programm für Kinder gibt als früher“, vermutet Kiess, „andererseits gehen viele Familien in den letzten Ferienwochen in den Urlaub, weil es dann oft günstiger ist.“
„Viele kleine Leute, an vielen kleinen Orten, die viele kleine Schritte tun, können das Gesicht der Welt verändern“, dieser Leitfaden begleite die ökumenische Kinderwoche seit Anbeginn. Das Motto unterstreiche die Motivation, eine Kinderwoche für alle Kinder zu gestalten.
Daran orientiert sich das Organisationsteam heute noch. „Ich habe vergangenes Jahr gezielt in Flüchtlingsheimen in der Umgebung nachgefragt, ob es Interesse gibt“, erzählt Anuschka Kiess. So seien im vergangenen Jahr drei Flüchtlingskinder dabei gewesen, dieses Jahr seien es bereits vier. Dass es die ökumenische Kinderwoche schon so lange gibt, liegt natürlich nicht nur an den Kindern, sondern auch an den Erwachsenen. „Wir sind allen ehrenamtlichen Helfern der vergangenen Jahre sehr dankbar“, betont Andrea Schwer. Anuschka Kiess fügt hinzu: „Ohne die Helfer und auch die ganzen Spenden hätte die Kinderwoche niemals 30 Jahre lang stattfinden können.“
Für alle Helfer der vergangenen 30 Jahre und alle „Kinder“, die schon einmal dabei waren, findet am 10. September um 11 Uhr ein Gottesdienst in der evangelischen Kirche in Bad Schussenried statt. Nach dem Gottesdienst gibt es Verpflegung. Außerdem gibt es eine Fotowand mit Bildern aus den vergangenen 30 Jahren.