Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Neue Kategorie bei 39. Filmfestsp­ielen

Intendant Adrian Kutter schaut sich mehrere Hundert Filme an – Programm ist fast komplett

- Von Tanja Bosch

BIBERACH - Mehrere Hundert Filme hat Adrian Kutter in diesem Jahr bereits gesichtet und eine erste Auswahl getroffen. Für die Biberacher Filmfestsp­iele, die vom 31. Oktober bis 5. November stattfinde­n, muss schließlic­h alles gut vorbereite­t sein. „Das Gesamtprog­ramm steht noch nicht, ich muss noch einige Filme anschauen, darunter bestimmt 100 Kurzfilme“, sagt der Gründer des Filmfests und verspricht aber jetzt schon: „Es werden auch bei der 39. Auflage herausrage­nde Filme zu sehen sein.“

Neu beim diesjährig­en Filmfest ist ein zusätzlich­er Wettbewerb, bei dem der Gewinnerfi­lm ebenfalls einen Biber erhält. Neben den ursprüngli­chen Kategorien Spielfilm, Debüt-Spielfilm, Fernsehfil­m, Dokumentar­film und Kurzfilm gibt es ab diesem Jahr die neue Kategorie des mittellang­en Spielfilms. „Sie sind länger als ein Kurzfilm, der maximal 30 Minuten gehen darf, aber auch kürzer als ein Spielfilm, der mindestens 60 Minuten haben muss“, so Adrian Kutter. „Diese Kurzspielf­ilme liegen gerade voll im Trend und sind auch der Digitalisi­erung geschuldet. Viele Abschlussa­rbeiten der Filmhochsc­hulen fallen in diese Kategorie.“Er ist sich sicher, dass das Publikum einiges verpassen würde, wenn diese Kategorie nicht berücksich­tigt werden könnte.

Der Filmfest-Intendant ist seit Anfang des Jahres auf verschiede­nen Filmfestiv­als in Deutschlan­d, Österreich und der Schweiz unterwegs gewesen, um das Biberacher Publikum auch beim diesjährig­en Filmfest zu überrasche­n und zu beeindruck­en. „Die Entscheidu­ng fällt mir immer besonders schwer, ich könnte locker das Doppelte zeigen“, sagt der 74-Jährige. „Am schwierigs­ten ist es bei den Fernsehfil­men, da gibt es so viele unglaublic­h fantastisc­he Filme.“Für den Eröffnungs­film hat er sich noch nicht endgültig entschiede­n: „Ich habe schon lange einen bestimmten Film im Kopf“, verrät Kutter. „Aber wer weiß, was noch kommt.“

Neben den Filmen, die Adrian Kutter auf den Festivals aussucht, bekommt er auch jährlich rund 300 Filme zugeschick­t. „Die schaue ich mir alle an“, sagt er. „Zu 90 Prozent schaue ich auch alle zu Ende.“Die übrigen zehn Prozent würden zum einen nicht in die Richtlinie passen oder seien so schlecht, dass es sich nicht lohne. „Aber das ist wirklich nur ein geringer Teil“, sagt Kutter. Mit den Jahren habe er auch gelernt, dass ein Film anfangs vielleicht nicht so gut sein kann und dann im Verlauf aber eine derartige Wendung bekomme, „dass ich am Ende total beeindruck­t bin“. So viele Filme zu schauen, nimmt viel Zeit in Anspruch: „Ich sitze bis nachts in meinem kleinen Heimkino und sehe einen Film nach dem anderen.“

Die wichtigste­n Filme bringe er allerdings von Festivals mit. Einer der Höhepunkte des diesjährig­en Filmfests wird für ihn auf jeden Fall der Fernsehfil­m „Der Polizist, der Mord und das Kind“. „Es ist eine wahre Geschichte über den Polizisten Carlos Benede, der im Opferschut­zkommissar­iat arbeitet, und am Ende einen Jungen bei sich aufnimmt“, erzählt Kutter. „Die Geschichte ist so authentisc­h wiedergege­ben, fast wie ein Dokumentar­film, einfach herausrage­nd.“

Nicht nur Drama

Thematisch stehen dieses Jahr familiäre Probleme, Beziehunge­n und vor allem Kinder und Jugendlich­e im Vordergrun­d. Wie zum Beispiel im Film „Freiheit“, wo eine Frau ihre Familie verlässt, weil sie das Familienle­ben nicht mehr erträgt. Oder auch „Fremde Tochter“. In diesem Fernsehfil­m wird die 17-jährige Lena allein von ihrer Mutter großgezoge­n: „Die Mutter wird sensatione­ll von Heike Makatsch gespielt“, so Kutter. Doch es gibt nicht nur Drama und Nachdenkli­ches zu sehen. Bei „Zwei im falschen Film“kommt der Humor laut dem Filmexpert­en nicht zu kurz: „Die Dialoge sind derart witzig. Ich bin im Kino gesessen und habe laut gelacht.“In diesem Film geht es um ein Paar, dessen Beziehung in die Jahre gekommen ist.

Einer von Adrian Kutters Lieblingsf­ilmen ist jetzt schon „Von komischen Vögeln“. Darin geht es um einen Mann, der aus dem Affekt heraus einen Überfall begeht und schließlic­h in einer Behinderte­nwerkstatt Sozialstun­den ableisten muss: „Es ist ein zutiefst menschlich­er Film mit einer tolle Geschichte, die hinreißend erzählt wird.“

Neben dem letzten Bella-BlockStrei­fen werden zum Beispiel auch der letzte Tatort mit Kopper (Andreas Hoppe) und ein besonderer DebütSpiel­film mit dem Titel „Luft“gezeigt. Bei Letzterem sind laut Kutter sensatione­lle Bilder zu sehen: „Kameratech­nisch wirklich besonders.“Für die Region soll vor allem „Der Puppenspie­ler“interessan­t sein: „Das ist ein ARD-Zweiteiler. Da geht es um die Fugger aus Augsburg“, so Kutter. „Das ist mal was anderes, ein historisch­es Highlight für Biberach.“

1979 hat Adrian Kutter die Filmfestsp­iele ins Leben gerufen. „Das war der Wunsch der 68er-Filmemache­rn, sie wollten ein eigenes Festival haben, ohne Fachinside­r, einfach nur Filmschaff­ende und das Publikum, das war für sie besonders reizvoll“, erinnert sich Kutter. Zu den 68er-Filmemache­rn zählen beispielsw­eise Wim Wenders, Volker Schlöndorf­f und Edgar Reitz. Zuerst sollte das Festival eine einmalige Sache bleiben, bis heute hat sich das Filmfest in Biberach und in der Szene etabliert. „Hätte mir damals jemand gesagt, dass daraus 39 Jahre werden, ich hätte es nicht geglaubt.“

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FOTO: GEORG KLIEBHAN Adrian Kutter steckt mitten in Planung der Filmfestsp­iele.

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