Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
„Sie sind sinnlos aufeinander losgegangen und haben sich gegenseitig abgeschlachtet.“
Ertinger Reservisten berichten vom Arbeitseinsatz an französischer Gedenkstätte
Hubert Buck von den Ertinger Reservisten über deutsche und französische Soldaten im Ersten Weltkrieg.
ERTINGEN - Vor kurzem weilte eine neunköpfige Delegation der Ertinger Reservisten im Elsass, um mit Freunden aus der Ertinger Partnerstadt Granges einen gemeinsamen Arbeitseinsatz zu leisten (die SZ berichtete). Dabei ging es nicht wie üblich um die Kriegsgräberfürsorge, vielmehr war ein Schlachtfeld aus dem Ersten Weltkrieg das Ziel. Hier galt der Arbeitseinsatz den verschütteten Stellungen, die freigelegt und für die Bevölkerung zugänglich gemacht werden sollen.
Schon lange, so der Ertinger Delegationsleiter Hubert Buck, habe man sich bei den Reservisten überlegt, welches gemeinsame Projekt Deutsche und Franzosen angehen können, das die Städtepartnerschaft weiter vertieft und der Völkerverständigung zugute kommt. Von den Freunden aus Granges kam der Vorschlag, sich um eine Gedenkstätte aus dem Ersten Weltkrieg zu kümmern, die etwa 40 Kilometer von Granges entfernt liegt: der Lingenkopf oder Le Linge. Auf diesem Vogesenkamm fand im Ersten Weltkrieg ein jahrelanger Stellungskrieg statt. Tag für Tag lag die Anhöhe unter Beschuss durch die Artillerie. Sowohl Franzosen als auch Deutsche hatten sich gewaltige Stellungen gebaut und sich auf dem Lingenkopf festgesetzt.
Handgranaten und Helme
So zermürbt gaben die Franzosen den Kampf auf und zogen sich zurück. Die schreckliche Bilanz dieses Stellungskrieges: 9000 Opfer auf französischer Seite und 2000 gefallene Deutsche. Diese Kriegsopfer wurden unterhalb des Lingenkopfes auf einem Soldatenfriedhof begraben. Auf der Anhöhe selbst wurde ein Museum errichtet, das an den schrecklichen Krieg erinnert. Jahr für Jahr besuchen etwa 50 000 Menschen dieses Mahnmal.
Um den ganzen Hügel verstreut befinden sich verschüttete Schützengräben mit massiven Mauern, die für die Bevölkerung zugänglich gemacht werden sollen. Dies haben sich nun die Ertinger Reservisten und ihre Freunde aus Granges vorgenommen und mit ihrem Arbeitseinsatz wertvolle Dienste geleistet.
Doch was bei diesen Arbeiten, die alle nur in Handarbeit ausgeführt werden können, zum Vorschein kam, machte die Männer nachdenklich. „Wir waren betroffen von den Funden wie scharfer Munition, Handgranaten, Helme von bayrischen und württembergischen Soldaten“, erzählt Hubert Buck. „Sie sind sinnlos aufeinander losgegangen und haben sich gegenseitig abgeschlachtet.“
Weiterer Einsatz geplant
Bei ihren Arbeiten wurde die Gruppe auch von Museumsbesuchern beobachtet. Dabei haben sich einige spontan bereit erklärt, für einen Tag bei den Arbeiten mitzuhelfen. „In Deutschland undenkbar“, so Hubert Buck. Am Schluss des Einsatzes stieß man noch auf eine fast intakte Feldbäckerei, die ebenfalls freigelegt wurde.
Weit über einen Kilometer zieht sich noch das Netz von Schützengräben über den Berg, die man ebenfalls noch freilegen will. Buck: „Im nächsten Jahr wollen wir wieder vor Ort sein und mithelfen, darüber freuen sich unsere französischen Freunde heute schon.“