Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Bauer will mehr Rechte für Professore­n

Geändertes Hochschulg­esetz kommt Anfang 2018 in den Landtag

-

STUTTGART (lsw) - Professore­n an den Südwest-Hochschule­n sollen künftig die hauptamtli­chen Mitglieder des Rektorats eigenständ­ig abwählen können. In einem komplizier­ten Verfahren können sie nach einem am Dienstag vom Kabinett zur Anhörung freigegebe­nen Gesetzesen­twurf die Hochschuls­pitze des Amtes entheben, wie Wissenscha­ftsministe­rin Theresia Bauer (Grüne) in Stuttgart erläuterte. Voraussetz­ung sei eine schwere Vertrauens­krise zwischen Rektorat und Professore­nschaft.

Bislang konnten Rektoren nur mit Zwei-Drittel-Mehrheiten in Senat und Hochschulr­at sowie im Einvernehm­en mit dem Ministeriu­m abgesetzt werden. Die Änderung war nach einer Entscheidu­ng des Verfassung­sgerichtsh­ofs (VGH) Baden-Württember­g notwendig geworden.

Mit der Novelle will Bauer überdies der Stimme der Doktorande­n in den Hochschulg­remien mehr Gewicht verleihen sowie Gründern unter die Arme greifen. Die Doktorande­n – derzeit rund 30 000 an den Südwest-Universitä­ten – sollen zu einer eigenen Gruppe ähnlich wie Studenten und wissenscha­ftliche Mitarbeite­r werden, denen sie bislang zugeschlag­en wurden. Das sei ein Novum in Deutschlan­d.

Studenten und Mitarbeite­r sollen überdies bis zu drei Jahre lang nach dem Verlassen einer Hochschule noch deren Infrastruk­tur – Bibliothek, Labore, Großgeräte – nutzen können. „Dadurch erleichter­n wir den Übergang von der Lehre oder der Forschung in die Gründung in einer entscheide­nden Phase“, sagte Bauer.

Die neue Abwahlmögl­ichkeit trifft nach Überzeugun­g der Grünen-Politikeri­n den Geist des VGH-Urteils aus dem November 2016. Demnach hatten die Hochschull­ehrer zu wenig Einfluss auf die Wahl oder Abwahl von Mitglieder­n des Rektorates. Dadurch sei die Wissenscha­ftsfreihei­t gefährdet. Geklagt hatte ein Professor einer Karlsruher Hochschule, der mehr Einfluss und Kontrollmö­glichkeit gefordert hatte. Bauer hatte die Entscheidu­ng damals mit Unverständ­nis aufgenomme­n.

Die jetzt gefundene Lösung stärke das Selbstbewu­sstsein der Professore­n und damit die Wissenscha­ftsfreihei­t, betonte sie. Zugleich betonte sie: „Wir halten entscheidu­ngs- und strategief­ähige Rektorate für unverzicht­bar.“Dies begrüßte der FDP-Hochschule­xperte Nico Weinmann.

Damit nicht „im schnellen Durchgriff das scharfe Schwert der Abwahl“gezückt werden könne, gebe es hohe Hürden, sagte Bauer. Einen permanent um sein Amt bangenden Rektor wolle man nicht.

Für die Abwahl müssen zunächst 25 Prozent der Professore­n dafür stimmen, das Verfahren zu eröffnen. Im nächsten Schritt muss die Mehrheit aller Professore­n für die Abwahl stimmen. Wenn diese Mehrheit außerdem an mindestens der Hälfte der Fakultäten erreicht wird, muss der Rektor weichen. Das mehrstufig­e Verfahren gewährleis­te Debatten und Gehör für abzuwählen­de Personen, erklärte Bauer. In den Landtag soll das Gesetz Anfang kommenden Jahres kommen.

 ?? FOTO: DPA ?? Wissenscha­ftsministe­rin Theresia Bauer (Grüne).
FOTO: DPA Wissenscha­ftsministe­rin Theresia Bauer (Grüne).

Newspapers in German

Newspapers from Germany