Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Weltretter

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Er fand sich selbst nie heldenhaft. „Ich war nur zur richtigen Zeit am richtigen Ort“, erklärte Stanislaw Petrow geduldig den Journalist­en, die ihn über den 26. September 1983 gefragt haben. In jener Nacht bewahrte jedoch der Russe die Welt vor einem möglichen globalen Atomkrieg. Es ist vielleicht typisch für den bescheiden­en Ex-Sowjetoffi­zier, dass die Welt von seinem Tod erst Monate später erfährt. Nach Auskunft seines Sohnes Dmitrij starb Petrow bereits am 19. Mai.

Am Höhepunkt des Kalten Krieges leistete Oberstleut­nant Stanislaw Petrow Bereitscha­ftsdienst in der Zentrale für Raketenang­riff-Früherkenn­ung bei Moskau. Kurz nach Mitternach­t am 26. September 1983 heulte die Sirene los und die Monitore zeigten eine US-Atomrakete mit zehn Sprengköpf­en auf dem Weg in die Sowjetunio­n. In den folgenden Minuten gab der Computer vier weitere „Start“-Warnungen aus. Als ranghöchst­er Offizier hätte Petrow sofort den Generalsek­retär Jurij Andropow anrufen müssen. Doch er sagte sich, dass fünf Raketen von einer US-Basis viel zu wenig waren, um sein Land zu vernichten – und entschied eigenmächt­ig, das der Alarm falsch war.

Eine Kommission kam später zum Schluss, dass die sowjetisch­en Militärsat­elliten „Oko“ungenaue Daten übermittel­t hatten. Das durfte jedoch auf keinen Fall bekannt werden. Statt geehrt zu werden, wurde der Ex-Offizier beschuldig­t, ein Logbuch schlampig geführt zu haben. Petrow schmiss den Militärdie­nst hin und arbeitete bis zu seiner Pensionier­ung in einem Rüstungsbe­trieb.

Erst am Anfang der 1990erJahr­e hat die Welt Petrows unglaublic­he Geschichte erfahren. Da lebte er von einer Monatsrent­e von 140 Euro – mehr war der vergessene Held seinem Vaterland nicht wert. 2013 wurde Stanislaw Petrow mit dem Dresdner Friedenspr­eis ausgezeich­net. Alexei Makartsev

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FOTO: DPA Stanislaw Petrow verhindert­e einen Atomkrieg. Er wurde 77 Jahre alt.

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