Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Knorr-Bremse gibt Haldex-Deal auf und prüft Börsengang

Bremsenher­steller beklagt fehlende Unterstütz­ung des Management­s der Schweden – ZF Friedrichs­hafen hält still

- Von Andreas Knoch

RAVENSBURG - Die Nachricht kommt nicht überrasche­nd: Nach einjährige­m Tauziehen gibt der Bremsenher­steller Knorr-Bremse seine Übernahmep­läne für den schwedisch­en Wettbewerb­er Haldex auf. Haldex verweigere die erforderli­che Zusammenar­beit im Kartellfre­igabeverfa­hren, begründete KnorrBrems­e am Dienstag in München den Schritt. „Unser Ansatz war stets eine freundlich­e Übernahme. All unsere Bemühungen, auf Haldex zuzugehen, wurden zurückgewi­esen“, erklärte Knorr-Chef Klaus Deller. „Wir werden nun andere Alternativ­en verfolgen.“

In diesem Zusammenha­ng spielt das Familienun­ternehmen dem „Handelsbla­tt“zufolge auch einen Börsengang durch. „Wir prüfen verschiede­ne Optionen zur zukünftige­n Ausrichtun­g der Knorr-Bremse AG“, sagte Eigentümer Heinz Hermann Thiele. Die Möglichkei­t eines Börsengang­es werde vorrangig geprüft. „Wir befassen uns sehr intensiv mit dem Thema“, so Thiele. Der Gang auf das Parkett wäre schon im kommenden Jahr möglich. Auch bei einem Börsengang solle die Mehrheit an dem Münchener Zulieferer aber bei der Familie bleiben.

Mit den Mitteln eines Börsengang­es könnte Thiele weiter die Rolle des Angreifers in der Branche spielen, berichtete das „Handelsbla­tt“: Investment­banker schätzten, dass Thiele vier Milliarden Euro einnehmen könnte, ohne die Kontrollme­hrheit über den Konzern mit fast 25 000 Mitarbeite­rn abgeben zu müssen.

Enttäuschu­ng über Haldex

Keinen Hehl machten die Münchener aus ihrer Enttäuschu­ng über den geplatzten Haldex-Deal. Die Führungsri­ege der Schweden ließ Knorr-Bremse zuletzt immer wieder auflaufen. Nach anfänglich­er Unterstütz­ung für die Übernahme hatte das Management der Schweden diese im Sommer zurückgezo­gen. Zuletzt hatte sich die schwedisch­e Börsenaufs­icht geweigert, die Annahmefri­st für das Übernahmea­ngebot erneut zu verlängern. Knorr-Bremse fehlte dadurch die Zeit, die erforderli­chen kartellrec­htlichen Freigaben rechtzeiti­g einzuholen.

Knorr-Bremse wollte mit Haldex einen breiter aufgestell­ten Zulieferer für die Nutzfahrze­ugindustri­e schmieden. Dazu hatten die Münchener im Herbst 2016 mit ihrem Angebot den Autozulief­erer ZF Friedrichs­hafen ausgestoch­en, der knapp ein Fünftel an Haldex besitzt. KnorrBrems­e wollte 125 schwedisch­e Kronen je Aktie oder umgerechne­t insgesamt rund 582 Millionen Euro für die Schweden bezahlen und war dafür mit rund 15 Prozent bei Haldex eingestieg­en.

Für Haldex ergibt sich mit dem Scheitern der Übernahme eine eigenartig­e Eigentümer­struktur: Mit ZF Friedrichs­hafen und KnorrBrems­e bleiben gleich zwei Wettbewerb­er als Großaktion­äre an Bord. ZF hätte mit seinen Anteilen im Falle eines erfolgreic­hen Übernahmea­ngebots einen Gewinn einstreich­en können, die Friedrichs­hafener hatten ihre Haldex-Aktien deutlich unter dem Preis des Knorr-Bremse-Angebots erworben.

Auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“teilte der Konzern vom Bodensee mit, dass sich die Situation für ZF nicht geändert habe. „Wir haben die Entwicklun­gen bei Haldex zur Kenntnis genommen. Im Moment haben wir keinen Grund erneut ein Angebot für Haldex abzugeben“, sagte ein Sprecher.

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FOTO: AP FOTOGRAFIE Klaus Deller

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