Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Neue Bauplätze für Dürmentingen
Erschließung des Gebiets Mittelösch II kostet 4 Millionen Euro – Finanzierung kritisch
DÜRMENTINGEN - Es war wohl die längste Gemeinderatssitzung seit rund drei Jahren: Das Dürmentinger Gremium hat am Montag die Erschließung des Baugebiets Mittelösch II auf den Weg gebracht. Besonders die Frage nach einer Bushaltestelle sorgte für Diskussionen. Gerechnet werden muss mit Kosten von rund 4 Millionen Euro. Doch zuallererst muss die Finanzierung vom Landratsamt genehmigt werden.
„Das beschäftigt uns ja schon ein paar Jahre“, sagte Bürgermeister Dietmar Holstein zu Beginn. Tatsächlich ist der Bebauungsplan für das Baugebiet am Ortsausgang Richtung Kanzach schon seit 1999 rechtskräftig. Nun soll er endlich in die Tat umgesetzt werden. Doch das ist leichter gesagt als getan.
In Zusammenarbeit mit dem Altheimer Ingenieurbüro Schwörer ist jüngst eine Kostenschätzung erstellt worden. Demnach fallen für die äußere Erschließung des ersten Bauabschnitts (siehe Grafik) rund 1,35 Millionen Euro an. Diese beinhaltet unter anderem den Ausbau des Kanalsystems und den Einbau eines 2100 Kubikmeter fassenden Retentionsbeckens, welches das Regenwasser zwischenspeichert.
Für die innere Erschließung, zu der Straßenbau und Hausanschlüsse gehören, werden knapp 2,6 Millionen Euro anfallen. „Da sind wir erschrocken“, erklärte der Bürgermeister. Denn Dürmentingen entwickelt parallel noch zwei andere große Projekte, die viel Geld kosten: die Sanierung der Turn- und Festhalle für ebenfalls 4 Millionen Euro und das Seniorenkonzept Lebendige Ortsmitte für derzeit rund 800 000 Euro.
Geplant ist, die Kosten für die innere Erschließung und den Teil der äußeren Erschließung, der auf den Bauplatzpreis umgelegt werden kann, über eine Sonderrechnung abzuwickeln. Denn dieser Betrag kommt über den Verkauf der Plätze wieder in die Gemeindekasse zurück. Die restlichen Kosten für die äußere Erschließung muss die Gemeinde allerdings selbst übernehmen und im Haushalt 2018 einplanen.
„Ich stehe natürlich voll hinter dieser Sache“, betonte Holstein. „Und da wir keinen einzigen Bauplatz in Dürmentingen haben, wollen wir jetzt endlich erschließen.“Andererseits stellte er mit Blick auf die Turnhalle und die Lebendige Ortsmitte aber auch klar: „Ich kann nicht jede Maßnahme beschließen und dann bricht es im Gesamtkonzept zusammen.“Mann müsse Prioritäten setzen und die Möglichkeiten ausloten. Genau das soll jetzt in Absprache mit dem Landratsamt passieren. Denn die Gemeinde solle finanziell handlungsfähig bleiben, so Holstein.
Konsequenzen kann das in erster Linie für das Seniorenkonzept Lebendige Ortsmitte haben. Denn mit der Sanierung der Turnhalle hat man bereits begonnen und der Bedarf an neuen Bauplätzen ist weitestgehend unstrittig.
Gemeinderat Gerhard Schmid äußerte dazu deutlich seine Meinung: „Das kommt jetzt zu spät, sage ich knallhart. Das hätte man sich früher überlegen müssen.“Wenn man die Entwicklung der Lebendigen Ortsmitte jetzt stoppe, sei das auch nicht gut. „Das ist das einzige Projekt, das verschiebbar ist, aber dann ist es tot.“Trotz der Bedenken traten die Gemeinderäte dem Finanzierungsvorschlag der Verwaltung geschlossen bei.
Darüber hinaus entschied man sich dafür, das künftige Baugebiet, das direkt an der L 275 liegt, über eine Querungshilfe an den übrigen Ort anzubinden. Sehr unterschiedliche Ansichten trafen dann aber aufeinander, als darum ging, ob das Gebiet auch eine eigene Bushaltestelle erhalten soll. Das zeigte sich auch am Abstimmungsergebnis. Sieben Räte stimmten gegen eine Bushaltestelle, vier dafür und einer enthielt sich.
„Bushaltestelle gehört dazu“
Die Verwaltung plädierte ihrerseits gegen eine Bushaltestelle, um die „erheblichen Mehrkosten“von 113 000 Euro zu vermeiden. Außerdem wolle man Mittelösch II nicht gegenüber den anderen Wohngebieten bevorzugen, die gleich weit oder noch weiter von der Haltestelle im Ortskern entfernt sind.
„Das muss ein attraktives Baugebiet sein und da gehört für mich die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr dazu“, sagte indes Gemeinderat Friedrich Jutz. Günter Möllmann pflichtete ihm bei: Die Größe des Baugebiets rechtfertige eine Haltestelle.
Lioba Jäger sprach sich dagegen aus, da man vom Mittelösch aus nicht so weite Strecken zurückzulegen habe. „Ich bin dagegen, das jetzt schon beim ersten Bauabschnitt zu machen“, sagte Gerhard Schmid.
Möllmann und Markus Hagmann brachten schließlich noch die Haltestelle im Gewerbegebiet Dautenhau in Spiel. Vermutlich würde diese von den künftigen Mittelösch-Bewohnern eher genutzt, als die Haltestelle im Ortskern. Hagmann schlug vor, die Dautenhau-Haltestelle ordentlich herzurichten, statt eine neue zu bauen.
Franz Knab vom Ingenieurbüro Schwörer, der in der Sitzung anwesend war, erklärte, dass man überlegen könne, dort baulich etwas zu machen, falls die Nutzung tatsächlich zunehme. Zwar stimmten die Räte schließlich gegen die Bushaltestelle im Mittelösch. Bürgermeister Dietmar Holstein nahm aber dennoch den Vorschlag von Markus Hagmann auf. „Je nach Frequentierung behalten wir das im Dautenhau im Auge.“