Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Ulm bekommt barrierefreien Bahnhof
Aufzüge zu den Gleisen für Behinderte und Reisende mit schwerem Gepäck
ULM - Lange wurde darum gerungen, jetzt ist der Durchbruch gelungen: Der Ulmer Hauptbahnhof wird barrierefrei ausgebaut. Seit Montag laufen die Arbeiten für die barrierefreie Erschließung an Bahnsteig D. Menschen mit Behinderung sowie Reisende mit Kinderwagen oder schwerem Gepäck sollen künftig stufenlos zu den Gleisen gelangen können.
Die Bahn plant am Ulmer Hauptbahnhof folgende Baumaßnahmen: Die Bahnsteige A (Gleis 1), B (Gleise 2 und 3), C (Gleise 4 und 6) sowie D (Gleise 7 und 8) werden jeweils mit einem Aufzug und einem Treppenabgang an den Bahnhofsteg angeschlossen, der über die Gleisanlagen führt und die Innenstadt mit dem Dichterviertel verbindet. An der Schillerstraße befindet sich derzeit einer von zwei provisorischen Busbahnhöfen, der ZOB West. Die Treppen werden überdacht sein, um den Reisenden einen Wetterschutz zu bieten. Die Aufzüge werden voll verglast hergestellt.
Die Gesamtkosten betragen etwa 6,8 Millionen Euro, die die Deutsche Bahn und der Bund gemeinsam tragen. Der Abschluss der Bauarbeiten ist für November 2018 vorgesehen. Gebaut wird, soweit möglich, tagsüber, teilweise lassen sich Nachtarbeiten laut Bahn aber nicht vermeiden. Im Zuge des Umbaus soll auch die Beleuchtung auf den Bahnsteigen erneuert werden. Außerdem werden an den Treppenabgängen acht Zuganzeiger angebracht, allerdings erst 2019.
„Mit der nun beginnenden Baumaßnahme setzen wir die intensive Planung der Vorjahre zum Nutzen unserer Reisenden um“, erklärte Michael Groh, Leiter Regionalbereich Südwest der DB Station & Service. „Besonders freut mich, dass wir unseren Reisenden bald auch am Hauptbahnhof Ulm den stufenfreien Zugang zu den Bahnsteigen ermöglichen können.“
Bürgermeister ist skeptisch
Auch Bürgermeister Tim von Winning sieht in dem Bauvorhaben am Bahnhof einen großen Schritt hin zu dem Ziel einer barrierefreien Stadt: „Damit wird eine relevante Lücke im städtischen Wegenetz für Menschen mit Mobilitätsbeeinträchtigungen geschlossen“, sagte er. „Wir sind froh, dass es endlich gelingt, einen einigermaßen barrierefreien Zugang zu den Gleisen zu ermöglichen.“Zudem komme die direkte Anbindung der Bahngleise an den Fußgängersteg all denjenigen zugute, die aus der Weststadt kommen oder dorthin möchten. Deren Fußweg werde wesentlich kürzer, die Bahn attraktiver und der Bahnhofsplatz verkehrstechnisch entlastet.
Der Baubürgermeister sieht die Entscheidung der Bahn jedoch zwiespältig. So wichtig der barrierefreie Ausbau sei, dürfe er nicht dazu führen, dass eine große Lösung am Hauptbahnhof auf die lange Bank geschoben wird. Der Anschluss der Bahnsteige an Aufzüge ist für ihn deshalb nur ein „sehr sinnvoller Zwischenschritt“. Ziel sei nach wie vor, einen Bahnhof zu bekommen, der der Bedeutung der Stadt angemessen sei. Das heißt: einen Bahnhof mit einem neuen Empfangsgebäude und einem attraktiven unterirdischen Zugang zu den Gleisen, möglichst durchgehend bis zur Schillerstraße, wo ein neues Parkhaus gebaut werden soll. „Das ist ein Projekt, das gemeinsam zu stemmen ist“, sagte von Winning. Er hofft, dass die Bahn dabei mitzieht, wobei vor allem die Kosten für ein neues Empfangsgebäude ein Knackpunkt sind. „Wir versuchen, mit der Bahn verschiedene Varianten durchzuspielen“, erläuterte der Bürgermeister – vom kleinen Wurf bis hin zum kompletten Neubau.
Die Stadt baut unter dem Bahnhofsplatz ein neues Parkhaus mit 540 neuen Stellplätzen und eine neue Passage zur Fußgängerzone. Beide sollen bis Ende 2020 fertig sein. Was aber dann noch fehlt, ist die Verlängerung der Unterführung zu den Bahnsteigen. Über den aktuellen Stand der Pläne für den Bahnhofsplatz informiert die Verwaltung noch im September in einer Bauausschusssitzung. Im November geht es dann im Gemeinderat um die umstrittene mehrstöckige Bebauung auf dem Areal des Busbahnhofs, gegen die die Industrie- und Handelskammer (IHK) Ulm bereits im Vorfeld mobil gemacht hat.