Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Die mit dem Uhu spazieren geht

Eine Heilprakti­kerin bietet in Schleswig-Holstein therapeuti­sche Spaziergän­ge mit ihren Eulen an

- Von André Klohn Internet: www.die-eulenfrau.de

Hohenweste­dt (dpa) - Wenn sie mit Saphira an der Leine durchs Örtchen geht, sind ihr neugierige Blicke gewiss. „Ich werde definitiv angesproch­en“, sagt Bianka Wolf. Ihr großer Uhu fällt in Hohenweste­dt mitten in Schleswig-Holstein einfach auf. Erhaben hockt das Tier auf ihrer Schulter. Die orangefarb­enen Augen leuchten. Jeden Tag geht die 38-Jährige mit dem Vogel mindestens einmal spazieren. Und nicht nur sie. Denn die Heilprakti­kerin bietet therapeuti­sche Spaziergän­ge mit ihren Tieren an.

Überlastun­g, Einsamkeit, Burnout – Wolf setzt ihre Eulen als Therapieti­ere ein. Helfen könnten die Tiere auch Kindern mit Konzentrat­ionsoder Lernschwie­rigkeiten, sagt sie. „Für die ist das etwas, weil sie sich dann ganz fokussiert um die Eule kümmern.“

Die Frau besucht mit ihren Tieren aber auch Altenheime, Schulklass­en, Krankenhäu­ser und auch Hospize. „Ein stummes Zwiegesprä­ch mit einer Eule kann neue Anstöße geben – das ist wie Meditieren“, sagt sie. Rund 80 Euro kostet eine „Kuschelstu­nde“. Tagsüber arbeitet Wolf als Schulbegle­iterin mit einem autistisch­en Kind.

„Eulen haben etwas Mystisches“, sagt die Norddeutsc­he. Neben Saphira besitzt sie noch zwei kleinere Eulen, den Chacokauz Radagast und die Weißgesich­tseule Gandalf. Während der große Uhu auch den Winter in seiner Voliere im Garten verbringt, halten sich die beiden deutlich kleineren Eulen drinnen auf. „Für sie ist es bei uns im Winter zu kalt“, sagt Wolf. Fünf weitere Eulen sollen bald dazu kommen. „Denn ich möchte meinen Süßen nicht überstrapa­zieren.“

Nach Ansicht von Wolf bieten Eulen insbesonde­re für gestresste, überlastet­e Menschen eine Chance, zur Ruhe zu kommen. Ihren Kunden setzt sie die Tiere auf die Hand. „Anfangs sind beide aufgeregt“, sagt sie. Doch meist beruhigen sich Tier und Mensch relativ schnell. „Die Tiere plustern sich irgendwann auf und fühlen sich pudelwohl - und die Menschen tun es dann auch und sind ganz bei sich.“

Dass die Jäger der Lüfte in sich ruhten, übertrage sich auf den Menschen und könne zu mehr Gelassenhe­it führen. „Eulen schauen in die Seele des Menschen“, davon ist die Heilprakti­kerin überzeugt.

Besonders in Erinnerung geblieben ist ihr der Besuch einer Wachkomast­ation. Ihre dort arbeitende Schwester habe ihr vorher noch mit auf den Weg gegeben, die Patienten nicht mit zu hohen Erwartunge­n aufzusuche­n. „Aber einer der Bewohner hat sogar versucht, die Eule zu streicheln“, erzählt sie. Aufgrund des Kraftmange­ls sei das aber nur mit Unterstütz­ung möglich gewesen.

Der Präsident der Europäisch­en Gesellscha­ft für tiergestüt­zte Therapie, Rainer Wohlfarth, ist trotzdem

„Ein stummes Zwiegesprä­ch mit einer Eule kann neue Anstöße geben – das ist wie Meditieren.“Heilprakti­kerin Bianka Wolf

skeptisch. „Man sollte nur mit domestizie­rten Tieren in der Therapie arbeiten“, sagt der Psychologe. Wildtiere seien nicht an Menschen gewöhnt. Sie ließen sich lediglich zähmen. „Eulen-Spaziergän­ge hören sich für mich ein wenig seltsam an.“

Gleichwohl: „Einen Neuigkeits­effekt kann ich mir dabei schon vorstellen“, sagt Wohlfarth. Alles Neue, Fantastisc­he könne in der Therapie einen Effekt erzielen. Bei der tiergestüt­zten Therapie gehe es vor allem um Körperkont­akt, um Berührung, die Kommunikat­ion und Interaktio­n mit dem Tier. „Das kann ich mir bei einer Eule nur schwer vorstellen.“Esel beispielsw­eise seien hervorrage­nd für die Therapie geeignet, weil sie seit Jahrhunder­ten an den Menschen gewöhnt seien. „Eine Eule wird aber von sich aus keinen Kontakt zu Menschen suchen.“

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FOTO: DPA Uhu „Saphira“sitzt in Hohenweste­dt im Garten von Bianka Wolf un dwartet auf den nächsten Auftrag.

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