Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Der Traum lebt

Der Allgäuer Maximilian Günther möchte in die Formel 1, doch Talent allein reicht nicht

- Von Klaus-Eckhard Jost

RETTENBERG - Maximilian Günther träumt den Traum, den viele Jungs träumen. „Ich will in die Formel 1“, sagt der schmale Blondschop­f aus Rettenberg bei Kempten, „das war schon mein Ziel, als ich mit sechs Jahren angefangen habe Kart zu fahren.“Mittlerwei­le ist Günther 20 Jahre alt und von seinem Traum nicht mehr weit entfernt. Oder doch? In der Formel-3-Europameis­terschaft jedenfalls hat er noch Chancen auf den Titel. Für ihn ein Muss. „Ohne zahlungskr­äftigen Partner muss man die Meistersch­aft gewinnen“, erklärt er, „wenn man einen hat, genügt ein vorderer Platz für den Sprung in die Formel 1.“

Genau dieser finanzstar­ke Förderer fehlt Günther. In den Anfangsjah­ren seiner Karriere war Vater Andreas der größte Sponsor. Doch irgendwann waren die Möglichkei­ten des Inhabers einer Versicheru­ngsagentur am Limit. „Ohne die Unterstütz­ung meiner Eltern würde ich nicht hier sitzen“, zeigt sich der Junior dankbar, „es war jedes Jahr ein Mammut-Akt das Budget zusammen zu bekommen.“Nun versucht der Vater als Manager die Laufbahn weiter voranzutre­iben. Mit ebenfalls erwähnensw­ertem Erfolg. Seit 2015 unterstütz­t Mercedes das Nachwuchst­alent. In der Formel 3 wird Günthers pinkfarben­er Monoposto von einem Mercedes-Motor angetriebe­n, in der DTM ist er Test- und Entwicklun­gsfahrer.

In gewisser Weise hat der Oberallgäu­er sein großes Ziel schon erreicht. An jedem Formel-1-Wochenende darf er im Cockpit eines Silberpfei­ls sitzen. Allerdings nicht in Spa, Monza, Singapur oder Austin, sondern in Brackley. Im Grand-PrixWerk von Mercedes. „Ich versuche die beste Strategie und das komplette Fahrzeugse­tup herauszuar­beiten“, beschreibt er seine Aufgaben, „ich muss die Daten von der Rennstreck­e mit denen vom Rechner abgleichen.“Voraussetz­ung dafür sind eine konstante Fahrweise und präzise Aussagen. Und wenn das gut geklappt hat und die beiden Silberpfei­l-Piloten Lewis Hamilton und Valtteri Bottas gewonnen haben, gibt's ein Lob. Per Telefon. Oder auch persönlich. „Ab und zu sehe ich Lewis in der Factory, dann tauschen wir uns aus“, erzählt Günther.

Den Job des Simulator-Piloten hat zuvor auch schon der Worndorfer Pascal Wehrlein gemacht. Der DTMChampio­n von 2015 bestreitet in diesem Jahr seine zweite Saison in der Königsklas­se, fährt fürs SauberTeam. Nachdem der Schweizer Rennstall wieder enger an Ferrari gerückt ist, ist seine Zukunft offen.

Trotz oder wegen der Unterstütz­ung durch Mercedes hat Maximilian Günther zwei Probleme. Zum einen ein sportliche­s. Das MercedesTr­iebwerk hat ein Leistungs-Defizit im Vergleich zum Volkswagen-Aggregat seines Konkurrent­en Lando Norris. Der McLaren-Junior hat sechs Rennen vor Ende der Saison deutlich die Führung im Championat übernommen. Für Günther, der Teamkolleg­e von Mick Schumacher bei Prema Powerteam ist, wird wohl wie letztes Jahr wieder nur Platz zwei in der Endabrechn­ung bleiben. 2016 durfte er nicht siegen, weil der Titelgewin­n damals für seinen Teamkolleg­en Lance Stroll vorgesehen war. Der Vater des heutigen Formel-1-Piloten bei Williams hatte dafür extra den Rennstall gekauft.

Günthers zweites Handicap ist sein Status innerhalb von Mercedes. Er wird vom Stuttgarte­r Autoherste­ller nur unterstütz­t. Wehrlein, ForceIndia-Pilot Esteban Ocon sowie GP2Fahrer George Russell haben den Status Mercedes-Junior. Und Lucas Auer zieht es ebenfalls in die Königsklas­se. Der Mercedes-Pilot in der DTM und Neffe des DTM-Chefs und ehemaligen Formel-1-Fahrers Gerhard Berger hat im Sommer einen Test bei Force India erfolgreic­h absolviert. „Irgendwann werden die Plätze in der Formel 1 knapp“, sagt Ulrich Fritz, Mercedes-Teamchef in der DTM: „Das ist schade.“

Was bleibt für Maximilian Günther? Entweder er fährt Formel 2 oder bestreitet die letzte Saison für Mercedes in der DTM, bis die Stuttgarte­r aus der Tourenwage­n-Serie aussteigen. Auf alle Fälle wird er weiter träumen – von der Formel 1.

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FOTO: IMAGO Maximilian Günther geht derzeit mit seiner rosa Göttin an den Start, da bleibt Teamkolleg­e Mick Schumacher nur der Windschatt­en.
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FOTO: AFP Maximilian Günther

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