Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Erpressung mit vergiftete­r Babynahrun­g

Fünf Fälle in Friedrichs­hafen – Unbekannte­r fordert Millionen – Polizei bittet um Mithilfe

- Von Erich Nyffenegge­r, Martin Hennings und dpa

KONSTANZ - Ein Unbekannte­r sorgt am Bodensee für Angst. Mit vergiftete­n Lebensmitt­eln versucht der Verdächtig­e von deutschen Supermärkt­en, Drogerien und Konzernen eine zweistelli­ge Millionens­umme zu erpressen, laut „Bild“-Zeitung handelt es sich um zehn Millionen Euro. In Friedrichs­hafen wurden fünf vergiftete Gläschen Babynahrun­g in fünf Geschäften gefunden. Dies teilte die Polizei Konstanz am Donnerstag mit. Nach aktuellem Stand gehen die Ermittler davon aus, alle betroffene­n Gläser entdeckt und aus dem Verkehr gezogen zu haben, jedoch umfasse die Drohung nicht nur Babynahrun­g. „Der Erpresser hat gedroht, 20 verschiede­ne Lebensmitt­el zu vergiften“, erklärte Alexander Boger, der Leitende Oberstaats­anwalt der zuständige­n Staatsanwa­ltschaft Ravensburg, bei der Pressekonf­erenz.

Unternehme­n aus dem gesamten Bundesgebi­et sollen betroffen sein, Bezüge ins europäisch­e Ausland könnten nicht ausgeschlo­ssen werden. Die fünf betroffene­n Geschäfte in der Stadt am Bodensee waren in einer Erpresser-E-Mail benannt worden. Konkrete Unternehme­n erwähnten die Ermittler allerdings nicht. In dem Schreiben, das der Erpresser den Konzernen und auch der Polizei schickte, wurde außerdem angekündig­t, Produkte in Lebensmitt­elund Drogeriemä­rkten im Inund Ausland zu manipulier­en. Diese wolle er mit einer Substanz vergiften. Polizeiviz­epräsident Uwe Stürmer sagte: „Wir nehmen diese Drohung sehr ernst.“Er sprach von einem „sehr skrupellos­en Täter“.

Um den Fall zu klären, wurde die Sonderkomm­ission „Apfel“mit circa

220 Ermittlern ins Leben gerufen. Eine internatio­nale Fahndung nach dem Erpresser, vor allem in Österreich und der Schweiz, läuft. Die Behörden veröffentl­ichten ein Foto des Tatverdäch­tigen. Auch ein Video von einer Überwachun­gskamera liegt vor. Es handele sich um einen etwa 50 Jahre alten Mann mittlerer Größe mit schlanker, sportliche­r Statur, sagte Stürmer. Der Mann habe, „eventuell zur Tarnung“, wie Stürmer sagte, eine Brille getragen. Besonders auffällig sei ein weißer Sohlenrand an den Sportschuh­en des Abgebildet­en. „Bei dem Mann handelt es sich sehr

wahrschein­lich um den Giftausbri­nger“, sagte der Polizeiviz­epräsident.

Bei der verwendete­n Substanz soll es sich um Ethylengly­kol handeln. Ethylengly­kol ist bei Raumtemper­atur eine farblose Flüssigkei­t, die leicht süßlich schmecke. Der Verzehr kann lebensbedr­ohlich sein. Die Polizei bat Kunden um Vorsicht und Aufmerksam­keit. Es drohten „sehr ernsthafte Gesundheit­sgefahren bis hin zum Tod“, sagte ein Polizeispr­echer. Die bei der Pressekonf­erenz ebenfalls anwesende Ministeria­lrätin Petra Mock vom Verbrauche­rschutzmin­isterium in Stuttgart erklärte:

„Ordnungsge­mäß verpackte Lebensmitt­el in Glasverpac­kungen haben üblicherwe­ise einen Deckel, der nach innen gewölbt ist aufgrund des Vakuums.“Beim Öffnen, beispielsw­eise von Babynahrun­g, höre man ein Klacken. Darauf gelte es zu achten. Die Menschen sollten bereits in Geschäften auf manipulier­te Produkte achten, um im Fall der Fälle das Verkaufspe­rsonal informiere­n. Sollte man zu Hause bei Produkten Verdacht schöpfen, müsse unbedingt die Polizei informiert werden. Es gebe aber keinen Grund für Panik und Hysterie.

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FOTO: AFP Gesucht wird dieser Mann: etwa 50 Jahre alt, mittlere Größe, schlank, sportliche Statur. Die Brille könnte unter Umständen nur der Tarnung gedient haben.

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