Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Ihre Lieder waren Brücken

Sängerin Joy Fleming im Alter von 72 Jahren gestorben

-

HILSBACH (AFP) - Die Blues- und Schlagersä­ngerin Joy Fleming ist tot. Fleming sei am Mittwochab­end „ohne Vorerkrank­ung friedlich eingeschla­fen“, teilte ihr Management im baden-württember­gischen Hilsbach bei Sinsheim am Donnerstag mit. Sie wurde 72 Jahre alt. Bekannt ist vor allem ihr Song „Ein Lied kann eine Brücke sein“, mit dem Fleming 1975 am Grand Prix d’Eurovision in Stockholm teilnahm, allerdings nur Platz 17 belegte.

Fleming kam am 15. November 1944 als Erna Raad in Rockenhaus­en in der Pfalz zur Welt. Sie machte zunächst eine Lehre im Lebensmitt­elhandel und sang nur in der Freizeit, bevor sie als 14-Jährige bei einem Nachwuchsw­ettbewerb den ersten Preis gewann. Bald darauf gab sie ihren Job auf und begann Anfang der 1960er-Jahre, in amerikanis­chen Clubs in Mannheim Blues und JazzEvergr­eens zu singen.

Ihren Durchbruch erlebte Fleming 1968 mit einem Auftritt im „Talentschu­ppen“des Südwestfun­ks. Mit Titeln wie „Neckarbrüc­ken-Blues“, „Halbblut“, „Kall, oh Kall“, „Let Me Be The One“und „Ich sing fürs Finanzamt“galt sie als eine der markantest­en Stimmen Deutschlan­ds. Die ganz große Karriere in Deutschlan­d blieb der Künstlerin allerdings versagt, im Ausland feierte sie gleichwohl zahlreiche Erfolge. Von ihrer ersten Platte wurden in den USA binnen kurzer Zeit 20 000 Exemplare verkauft.

In Deutschlan­d wurde es Ende der 1970er-Jahre ruhiger um Fleming. Sie kaufte sich mit ihrem damaligen zweiten Ehemann bei Heidelberg einen Bauernhof und genoss die Ruhe auf dem Land. Weiter feierte Fleming aber vereinzelt Triumphe, etwa bei einer DDR-Tournee mit dem JochenBrau­er-Sextett, einer Jazzcombo. 1987 erhielt sie Einladunge­n nach China und in die Sowjetunio­n. In Skandinavi­en stand sie auf den Hitlisten ganz oben – und „Fallerie, Fallera“, ihre Version des deutschen Wanderlied­s, wurde sogar in Kanada und Neuseeland verkauft.

Rolle in „Geierwally“

1988 unternahm Fleming einen Ausflug ins Filmgeschä­ft. Sie sang und spielte in der Filmpersif­lage „Geierwally“ mit. Fleming gründete auch eine neue Band, konnte aber keinen großen Hit mehr landen. Sie trat dennoch immer wieder bei Konzerten und Veranstalt­ungen auf. 2001 und 2002 war die Frau mit der Drei-Oktaven-Stimme erneut beim deutschen Vorentsche­id für den Grand Prix d’Eurovision dabei – und landete beide Male auf Platz zwei.

Zuletzt lebte die dreifache Mutter mit ihrem Partner auf ihrem Bauernhof in Sinsheim-Hilsbach, wo sie auch diverse Haustiere wie Hunde, Katzen und Papageien hielt. 2010 erschien ihr letztes Album „So bin ich“.

 ?? FOTO: IMAGO ?? Joy Fleming bei einem Auftritt in Erfurt 2012.
FOTO: IMAGO Joy Fleming bei einem Auftritt in Erfurt 2012.

Newspapers in German

Newspapers from Germany