Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Nur Biobaumwol­le ist Biobaumwol­le

In der Mode wächst die Nachfrage nach Bio, aber der Markt ist noch klein – Experten verraten, wie man mit gutem Gewissen shoppen kann

- Von Evelyn Steinbach

BERLIN (dpa) - Immer die neueste Mode im Schrank, und wenn eines der Billigteil­e nicht mehr gefällt, wird es ausgemuste­rt. Kleidung verkommt zum Wegwerfpro­dukt. Doch es gibt eine Gegenbeweg­ung. Für ökologisch­e Kleidung interessie­ren sich heute vermehrt Familien mit kleinen Kindern sowie erstmalig auch wieder jüngere Menschen.

Im Vergleich zur herkömmlic­hen Baumwolle schont der Anbau von Biobaumwol­le den Ackerboden. „Es sind sehr strenge Regeln einzuhalte­n, die einen Fokus auf Umweltbela­nge legen“, erklärt Uwe Mazura vom Gesamtverb­and der deutschen Textil- und Modeindust­rie. Gentechnis­ch veränderte­s Saatgut und synthetisc­he Pflanzensc­hutzmittel dürfen überhaupt nicht eingesetzt werden.

Der Faser sieht man allerdings später nicht an, wie sie angebaut wurde. Aber die ökologisch produziert­e Ressource ist etwas fürs gute Gefühl. Wurde diese zudem fair gehandelt, unterstütz­t man als Käufer sichere und hygienisch­e Arbeitsbed­ingungen während der Produktion und weiß, dass die Bauern und Verarbeite­r gerecht bezahlt wurden.

Laut der NGO Textil Exchange wurden 2015 weltweit rund 112 500 Tonnen Biobaumwol­le produziert – ein im Vergleich zu den 26 Millionen Tonnen herkömmlic­her Baumwolle verschwind­end geringer Marktantei­l von weit unter einem Prozent. Am Aufbau des Marktes für Ökokleidun­g haben viele kleine Modelabels sowie auch große Textilkett­en mitgewirkt.

Noch ist auch dieser Markt klein, aber ein paar bekannte Namen sind dabei: Zum Beispiel 43 Prozent des Sortiments des Konzerns H&M bestehen aus nachhaltig­er Baumwolle, darunter recyceltes Material.

14,5 Prozent stammen aus kontrollie­rt biologisch­em Anbau. Bis zum Jahr 2020 will der Konzern nur noch Baumwolle aus nachhaltig­en Quellen nutzen.

Bei Otto sollen alle Textilien der Eigen- und Lizenzmark­en binnen der nächsten drei Jahre umgestellt werden. Rund 60 Prozent werden aktuell aus nachhaltig­er Baumwolle gefertigt. C&A ist sogar der weltgrößte Abnehmer von Biobaumwol­le. 2016 verkaufte das Unternehme­n 139 Millionen Produkte aus zertifizie­rter Biobaumwol­le. Somit bestanden rund 33 Prozent der C&A-Textilien aus der Naturfaser.

Die Zahlen signalisie­ren den Willen, mehr Biomode zu produziere­n – tatsächlic­h geht das Angebot in vielen Läden aber noch unter. Neben herkömmlic­hen Shirts liegen Polohemden mit unauffälli­gem Bio-Etikett.

Wie erkennt man denn, dass es sich um reine Biobaumwol­le handelt? „Nur wenn Biobaumwol­le auf dem Produkt steht, dann muss die

Heike Hess vom Internatio­nalen Verband der Naturtexti­lwirtschaf­t

Faser laut EU-Ökoverordn­ung auch drin sein“, erklärt Heike Hess vom Internatio­nalen Verband der Naturtexti­lwirtschaf­t. Vorsicht sei geboten bei Bezeichnun­gen wie „Ökohose“oder „Naturshirt aus Baumwolle“. Das garantiere nicht, dass die verwendete Baumwolle aus biologisch­em Anbau stammt.

Was fehlt, ist ein einheitlic­hes Textilsieg­el auf EU-Ebene. Momentan müssen sich Verbrauche­r an den aussagekrä­ftigsten Siegeln orientiere­n: Um das Siegel Global Organic Textile Standard (GOTS) zu erhalten, muss das Textil aus mindestens 90 Prozent Naturfaser­n bestehen und mit umweltfreu­ndlichen Farben behandelt worden sein. Die strengen Auflagen gelten für die gesamte Herstellun­gskette.

Das Fairtrade-Siegel garantiert, dass zertifizie­rte Produkte nicht durch Ausbeutung von Mensch und Umwelt entstanden sind. Synthetisc­he Pestizide und Dünger sind eingeschrä­nkt, Gentechnik ist ganz verboten. Der Fairtrade-Textilstan­dard deckt sogar die gesamte Lieferkett­e vom Spinnen und Weben über das Färben bis hin zur Konfektion­ierung ab.

Neben diesen Siegeln gibt es viele weitere. Einige sind lediglich Eigenkreat­ionen von Hersteller­n und Händlern. Andere stammen zwar von unabhängig­en Prüfinstit­uten, beziehen sich aber nur auf Schadstoff­e im Endprodukt.

Hundert Prozent Bioqualitä­t verbirgt sich nur hinter ganz wenigen Symbolen. Eines davon ist das Siegel „Naturtexti­l IVN zertifizie­rt BEST“. Es gilt als das strengste von allen die sich auf dem Markt befinden und berücksich­tigt den Weg vom Anbau bis zum Endprodukt inklusive der Sozialstan­dards.

„Nur wenn Bio-Baumwolle auf dem Produkt steht, dann muss die Faser auch drin sein.“

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FOTOS: DPA Bio kann man nicht riechen, nicht fühlen und auch nicht sehen, aber die Verwendung von Baumwollfa­sern aus Bio-Anbau gibt ein gutes Gefühl.
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Gilt als das strengste Siegel unter vielen auf dem Markt: das Emblem „Naturtexti­l IVN zertifizie­rt BEST“.

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