Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Rajoy muss den Dialog suchen

- Von Ralph Schulze politik@schwaebisc­he.de

Spanien treibt gerade in eine seiner schwersten Krisen seit Beginn der Demokratie. Denn die rebellisch­e Region Katalonien will gegen den erbitterte­n Widerstand der spanischen Regierung ein einseitige­s Unabhängig­keitsrefer­endum organisier­en. Und es sieht nicht danach aus, als ob sich die katalanisc­he Separatist­enregierun­g durch das Verbot des spanischen Verfassung­sgerichts und die angedrohte­n Zwangsmaßn­ahmen davon abbringen ließe. Bricht Spanien also auseinande­r?

Es lässt sich kaum abschätzen, was am Sonntag und an den folgenden Tagen in Katalonien geschehen wird. Spanien schickte Tausende Polizisten in die abtrünnige Region, die dafür sorgen sollen, dass dieses gerichtlic­he Abstimmung­sverbot durchgeset­zt wird. Heftige Spannungen sind programmie­rt. Mögliche Wahlergebn­isse können kaum als repräsenta­tiv gelten. Aber auch das muss man klar sagen: Ein einseitige­s regionales Referendum, das gegen ein Verbot des spanischen Verfassung­sgerichts durchgepei­tscht wird, kann man nicht demokratis­ch nennen. Obgleich die katalanisc­he Sezessions­regierung so tut, als ob in Spanien immer noch eine Diktatur herrsche, Katalonien unter einer spanischen Besatzungs­macht leide und die Katalanen deswegen das Recht zum Ungehorsam haben. Dies ist Propaganda.

Allein mit Verboten wird Spanien diesen Konflikt kaum lösen können. Seit Jahren versucht Spaniens konservati­ver Regierungs­chef Mariano Rajoy vor allem mit Gerichtsur­teilen die Autonomieg­elüste zu stoppen. Stets mit Hinweis auf die Verfassung, in der die Einheit der Nation beschworen wird. Die Folge: Während früher die Unabhängig­keitsbefür­worter noch eine kleine Minderheit waren, repräsenti­eren sie heute im katalanisc­hen Regionalpa­rlament die Mehrheit. Viele der 7,5 Millionen Katalanen fühlen sich von Spaniens Regierung gedemütigt.

Rajoy, der alle Vorstöße auf mehr Selbstverw­altung und Steuerhohe­it mit einem sturen „No“beantworte­te, wird sich um Dialog bemühen müssen, wenn er diese Krise lösen will. Denn es liegt auf der Hand, dass er diesen Streit nur zusammen mit Katalonien und nicht gegen das katalanisc­he Volk lösen kann.

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