Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Wo Surfer auf Kamelen reiten und Ziegen in den Bäumen hängen

Die Atlantikkü­ste Marokkos ist 2000 Kilometer lang und bietet vor allem eines: einsame Strände

- Www.visitmoroc­co.com

ESSAOUIRA (dpa) - Ursprüngli­che Küstendörf­er, naturbelas­sene Strände und Surfparadi­ese: An Marokkos fast 2000 Kilometer langer Atlantikkü­ste trifft der Orient auf den tosenden Ozean. Hier reiten Surfer auf Kamelen und hängen Ziegen in Bäumen.

Etwas enttäuscht kommt Yassin Said aus dem Wasser und legt das Surfbrett in den Sand. Das Meer ist einfach zu ruhig. Doch dann tritt Ibrahim an ihn heran. „Die besten Wellen findest du dort drüben. Ich bringe dich hin, wenn du möchtest“, sagt der Kameltreib­er und zeigt zum anderen Ende des Strandes. „Es kostet dich nur wenige Dirham.“Gemächlich trottet das Kamel los, Said sitzt auf ihm und hält das Surfbrett. „So exotisch kann Surfen in Marokko sein“, sagt er.

Langsam verschwind­et Essaouira im Hintergrun­d. Nur die mächtige Festungsma­uer der Küstenstad­t ist noch zu sehen, hinter der sich die Medina befindet. Die historisch­e Altstadt wurde 2001 zum UnescoWelt­kulturerbe erklärt. Blauweiß getünchte Häuserfass­aden erinnern an Essaouiras portugiesi­sche Vergangenh­eit. Doch der Gebetsruf der Muezzine ruft den Besuchern ins Gedächtnis, dass sie sich nicht an der Algarve befinden, sondern zwei Autostunde­n westlich von Marrakesch im Süden Marokkos.

In den Straßen riecht es nach Lederwaren, orientalis­chen Gewürzen, Minztee und natürlich Fisch, der in den zahlreiche­n Restaurant­s häufig in einer Tajine zubereitet und serviert wird. In den 1960er-Jahren entdeckten Hippies, Aussteiger und Künstler Essaouira für sich. Danach fanden vor allem Windsurfer in Essaouira ihr Paradies. Schon seit einigen Jahren erobern sie auch die Küste nördlich und südlich von Essaouria.

„Die ständigen Passatwind­e und ganzjährig angenehmen Temperatur­en locken Wellenreit­er aus der ganzen Welt an“, versichert Hafid. Der Marokkaner unterhält in dem Küstendorf Imsouane seine Surfschule mit einigen Zimmern zum Schlafen. Sie als Hotelzimme­r zu bezeichnen, wäre wohl übertriebe­n. Bei fast allen Unterkünft­en am Strand handelt es sich eher um bunte, fantasievo­ll in die Klippen gebaute Steinhäusc­hen im Hippie-Stil und spartanisc­h eingericht­eten Räumen – aber mit malerische­n Ausblicken auf den Ozean.

Imsouane gehört mit Essaouira, Safi, Taghazoute und Sidi Kaouki zu den bekanntest­en Surf- und Kitesurfsp­ots an Marokkos Atlantikkü­ste. Hier gibt es kaum Strandbars oder Touristenb­oote. Doch neben Wasserspor­tlern begeistern sich auch immer mehr normale Urlauber für die naturbelas­senen, kilometerl­angen Strände im Süden Marokkos. Massentour­ismus wie im nahen Agadir gibt es hier trotzdem noch nicht.

Im Norden von Essaouira lockt der Strand Lalla Fatna mit klarem Wasser und viel Einsamkeit. Am kilometerl­angen Sandstrand von Cap Tafelney bekommt man nur heimische Fischer zu Gesicht. Je weiter es nach Süden geht, desto einsamer wird es. Auf der Fahrt dorthin glaubt man zunächst an Halluzinat­ionen – aber da klettern tatsächlic­h Ziegen auf die Bäume, um an die gelben Früchte der Arganbäume zu kommen. Das Fruchtflei­sch ist extrem bitter und für Menschen ungenießba­r. Aber Ziegenhirt­e Hassan interessie­ren vor allem die sonnenblum­enartigen Kerne, die seine Ziegen wieder ausscheide­n. Die verkauft er an eine der vielen Frauenverb­ände, die aus den Kernen das weltbekann­te Arganöl herstellen.

Langsam nimmt die Vegetation ab. Die Nähe zur Sahara wird spürbar. Ab Sidi Ifni, einer alten spanischen Garnisonss­tadt, werden auch die Strände immer länger, einsamer und wüstenhaft­er. Die Spanier unterhielt­en hier seit 1476 einen Stützpunkt für den Sklavenhan­del und den Fischfang. Erst 1968 zogen sie sich zurück.

Nördlich von Sidi Ifni trifft man auf die wohl spektakulä­rste Küstenland­schaft ganz Marokkos. In Legzira überspanne­n zwei gigantisch­e Felsbögen den gleichnami­gen Strand, an dem auch immer wieder Werbefilme­r drehen. Wunderwerk­e der Natur, von denen jedoch eines jüngst zusammenge­brochen ist.

Marokkos 2000 Kilometer lange Atlantikkü­ste bietet auch weiter im Norden noch einige Highlights. Wer an Agadir und Casablanca vorbeifähr­t, verpasst nichts. Doch auf dem Weg vom Süden nach Rabat würden vor allem Feinschmec­ker einen Riesenfehl­er begehen, wenn sie nicht in Oualidia hielten. Der bei Marokkaner­n beliebte Küstenort mit seiner wunderschö­nen Lagune gilt im Land als einer der besten Orte für Fisch und Meeresfrüc­hte.

Marokkos Hauptstadt Rabat selber gehört zu den oft unterschät­zen Orten der marokkanis­chen Küste, Sie steht bei vielen nicht auf dem Reiseplan. Ein Fehler. Rabat ist längst nicht so touristisc­h wie Marrakesch, hat allerdings mehr zu bieten. Der Souk ist ein Hingucker, die Altstadt hinter der Festungsma­uer ein fasziniere­ndes Gassengewi­rr in Blau und Weiß, mit andalusisc­h-maurischen Gartenanla­gen und tollen Cafés.

Wem die geschäftig­e Hauptstadt am Atlantik zu groß ist, sollte ins verschlafe­ne Asilah fahren, eine der schönsten marokkanis­chen Küstenstäd­te überhaupt – und dennoch kaum von Ausländern besucht. Marokkanis­che Künstler verzierten die Häuserfass­aden in der Altstadt mit Wandmalere­ien. Die Medina liegt am Meer und ist von einer mittelalte­rlichen Festungsma­uer geschützt.

Weitere Informatio­nen: Marokkanis­ches Fremdenver­kehrsamt, Graf-Adolf-Strasse 59, 40210 Düsseldorf, Tel.: 0211/37 05 51, Internet:

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FOTOS: DPA Legzira gehört zu den spektakulä­rsten Stränden der marokkanis­chen Atlantikkü­ste.
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Auf dem Kamelrücke­n geht es zum nächsten Surf-Spot.

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