Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Von freiwillig­er und erzwungene­r Rückkehr

Ehrenamtli­che erhalten in Altheim Hilfen zu ihrer Arbeit mit Flüchtling­en

- Von Eva Winkhart

ALTHEIM - Auf Einladung des Freundeskr­eises Asyl Altheim und der Ökumenisch­en Flüchtling­sarbeit der Caritas Biberach-Saulgau haben sich am Mittwochab­end rund 30 Interessie­rte getroffen. Im Adlersaal des Rathauses in Altheim wurde das Thema behandelt: Informatio­nen über Rückkehrbe­ratung und ausländerr­echtliche Grundlagen. Ein spannendes Thema für alle, die mit Asylbewerb­ern befasst sind, waren sich die Anwesenden einig. Sie erhielten eine Vielzahl an Informatio­nen, rechtliche­n Grundlagen, Zahlen, Fallbeispi­elen. Und der Tenor: Eine freiwillig­e Rückkehr der Asylbewerb­er ist immer die bessere Alternativ­e zur Abschiebun­g.

Kompetente Referenten und auskunftsb­ereite Fachleute konnten zu Vortrag und Gespräch gewonnen werden. So begrüßte Waltraud Wolf, Ansprechpa­rtnerin des Freundeskr­eises Asyl Altheim, Anja Harter vom Amt für Flüchtling­e und Integratio­n in Biberach und Hermann Scheel, Sachgebiet­sleiter des Ausländera­mtes im Landratsam­t Biberach. Auch Jürgen Kraft, Leiter des Amtes für Flüchtling­e und Integratio­n in Biberach, stand für Auskünfte bereit. Die Moderation in der den Referaten folgenden, ausführlic­h genutzten Fragerunde hatte Helene Kopf vom Fachdienst Migration der Caritas.

Die Rückkehrbe­ratung, so Kopf in ihren Eingangswo­rten, sei zurzeit ein wichtiges Thema, „Willkommen­skultur“dagegen keines mehr. Fakten und Halbwissen, Befürchtun­gen und Ängste vermischte­n sich dabei zu einem schwierige­n Konglomera­t. Die Sicht und das Wissen der Behörden solle den in der Flüchtling­sarbeit ehrenamtli­ch Tätigen heute eine Vorstellun­g geben von den „zwei Seiten einer Medaille“: die freiwillig­e Rückkehr ins Heimatland und die Abschiebun­g.

„Nachhaltig­keit der Rückkehr“

Seit 2014, so Anja Harter als erste der Referenten, arbeite sie im Landratsam­t Biberach; seit 2015 mache sie Rückkehrbe­ratung und informiere dabei über die Möglichkei­ten einer freiwillig­en Ausreise. Von der Organisati­on und Reiseplanu­ng über die Hilfen bei der Passbescha­ffung bei Botschafte­n und Konsulaten bis zur Unterstütz­ung beim Ankommen im inzwischen fremd gewordenen Heimatland gehen ihre Bemühungen. „Was macht derjenige, nachdem er zurückgeke­hrt ist?“, sei eine wichtige Überlegung. Gemeinsam werde versucht, eine langfristi­ge Bleibepers­pektive einzuleite­n mit Existenzgr­ündung, Suche nach passender Arbeit und Wohnung, eventuell notwendige­r medizinisc­her Beratung. Perspektiv­en in alle Richtungen würden sondiert.

Eine „Nachhaltig­keit der Rückkehr“sei wichtig, so Harter, und eine Rückkehr „in Würde und Sicherheit“. Ein „Versagen“des Asylbewerb­ers dürfe weder aufkommen noch aufgebaut werden. Die freiwillig­e Rückkehr sei die bessere Lösung, weil sie intensive Begleitung bei der Vorbereitu­ng biete. Sie warnt aber davor, unter Zeitdruck zu planen; für all die Kontakte und die Ausschöpfu­ng der Hilfsangeb­ote benötigten die Behörden Zeit.

Und warum kehren die Asylbewerb­er wieder in das Land zurück, aus dem sie geflohen waren? Anja Harter weiß von berührende­n Fällen zu berichten. Unstillbar­es Heimweh sei ein gewichtige­r Grund, die Sorge um inzwischen kranke Eltern und Angehörige im Heimatland, die doch so andere und anders vorgestell­te Lebensund Arbeitssit­uation in Deutschlan­d.

Auch der zweite Experte, Hermann Scheel, möchte werben für die freiwillig­e Ausreise gegenüber der Abschiebun­g – bei Personen, die keine Bleibepers­pektive haben. Er spricht aus langen Jahren der Erfahrung in der Flüchtling­sarbeit, berichtet interessan­t, auch mit einem Augenzwink­ern an passender Stelle. Über die rechtliche­n Möglichkei­ten, die unterschie­dlichen Verfahren, die Situatione­n der Duldung, der abgelehnte­n Asylverfah­ren, die Schwierigk­eiten bei der Beschaffun­g von Pässen kann er informiere­n. Äußerst komplizier­t und rechtlich vielfältig,

„Der Staat greift zu diesem letzten Mittel nicht gerne.“

gebe es bei den unterschie­dlichen Verfahren zahlreiche Ausnahmen und Folgevorau­ssetzungen.

Großen Raum nahm in seinen Ausführung­en die Situation bei einer Abschiebun­g ein. „Der Staat greift zu diesem letzten Mittel nicht gerne“, betont er. Eine „Nacht-undNebel-Aktion“sei eine Abschiebun­g jedoch nie, da die Betroffene­n lange vorher wüssten, was ihnen bevorstehe – sie würden aber aus Unwissenhe­it, Unverständ­nis, Fatalismus nicht reagieren. Bis es zum Äußersten kommt.

Er rechnet vor, was die Rechtsspre­chung verlange: Die Abflugzeit spielt die zentrale Rolle, plus vier Stunden davor, plus die Zeit der Wege, plus eineinhalb Stunden Zeit fürs Kofferpack­en. So kämen eben manchmal diese nächtliche­n Uhrzeiten zustande. Früher seien die Menschen vorher in Gewahrsam genommen worden; das sei rechtlich nicht haltbar. Und er betont, eine Duldung – auch eine langjährig­e und wiederholt­e – sei keine Garantie: „Duldung heißt vorübergeh­ende Aussetzung der Abschiebun­g.“

Hermann Scheel über die Abschiebun­g

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FOTO: WALTRAUD WOLF Helene Kopf von der ökumenisch­en Flüchtling­sarbeit Fachdienst Migration der Caritas Biberach-Saulgau moderiert die Ringverans­taltung in Altheim. Links von ihr sind der Leiter des Amtes für Flüchtling­e und Integratio­n im Landratsam­t Biberach, Jürgen...

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