Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Gewalt überschatt­et Katalonien-Referendum

Hunderte Verletzte bei Auseinande­rsetzungen mit Polizei – Madrid nennt Abstimmung „Farce“

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BARCELONA (dpa) - Schlimme Gewaltszen­en haben in Katalonien das umstritten­e Referendum über eine Loslösung der Region von Spanien überschatt­et. Trotz eines gerichtlic­hen Verbotes und gegen den Willen der Zentralreg­ierung in Madrid zog die Regionalre­gierung in Barcelona die Abstimmung am Sonntag durch. Schon bei der Öffnung der Wahllokale um neun Uhr griffen die von Madrid entsandte paramilitä­rische Guardia Civil und die Nationalpo­lizei teilweise sehr hart durch. Sie versuchten, Wähler energisch am Zugang zu den Urnen zu hindern. Bis zum Nachmittag wurden nach amtlichen Angaben 465 Bürger verletzt, darunter einige schwer. Auch zwölf Polizisten wurden leicht verletzt.

Die stärkste Opposition­skraft in Madrid, die sozialisti­sche Partei (PSOE), sprach von „Schande und Traurigkei­t“. PSOE-Chef Pedro Sánchez rief dazu auf, Ruhe zu bewahren, damit „das Zusammenle­ben gewinnt“. Die Sorge um die Gewalt in einem der wichtigste­n Länder der EU erreichte auch Deutschlan­d. „Die Eskalation in Spanien ist besorgnise­rregend“, schrieb der SPD-Chef und langjährig­e EU-Parlaments­präsident Martin Schulz auf Twitter. Madrid und Barcelona müssten „deeskalier­en und den Dialog suchen“.

Ein Kompromiss ist weiter nicht in Sicht. Der katalanisc­he Regierungs­chef Carles Puigdemont erklärte, die Sicherheit­skräfte hätten auch Gummigesch­osse und Schlagstöc­ke eingesetzt. Er sprach von einem „ungerechtf­ertigten, irrational­en und unverantwo­rtlichen“Gewalteins­atz.

Madrid wies die Vorwürfe zurück. Vizeregier­ungschefin Soraya Sáenz de Santamaría sagte, der Einsatz der Polizei sei aufgrund der „Verantwort­ungslosigk­eit“der Regierung in Barcelona nötig und auch „verhältnis­mäßig“gewesen. Sie bezeichnet­e die Abstimmung als „Farce“. Ministerpr­äsident Mariano Rajoy verurteilt­e das Vorgehen ebenfalls scharf. Es habe „kein Referendum, sondern eine Inszenieru­ng“gegeben.

Aus Protest gegen die Gewalt beschloss der Fußball-Topclub FC Barcelona, das Spiel gegen UD Las Palmas am Sonntag unter Ausschluss der Öffentlich­keit auszutrage­n. Der Antrag des Vereins, das Spiel abzusagen, wurde spanischen Medienberi­chten zufolge vom Verband abgelehnt.

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FOTO: DPA Beamte der spanischen Nationalpo­lizei und Demonstran­ten in Barcelona: Ein Kompromiss ist weiter nicht in Sicht.

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