Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Teure Autoversic­herungen

Portal Finanztip rät zum Policenver­gleich und geht von Sparpotenz­ialen in Millionenh­öhe aus

- Von Wolfgang Mulke

BERLIN - Bei der Autoversic­herung steht die alljährlic­he Wechselsai­son an. Bis Ende November haben Fahrzeugha­lter Zeit zur Suche eines günstigere­n Tarifs und zur Kündigung ihrer bisherigen Police. Der Branchenve­rband hat Preiserhöh­ungen angekündig­t. „Wenn Versicheru­ngen teurer werden, müssen sich die Verbrauche­r wehren“, sagt Hermann Tenhagen, Chef des Verbrauche­rportals Finanztip.de. Die Möglichkei­ten dafür sieht der Experte in einer genauen Auswahl der Kriterien, die für die Preisgesta­ltungen der Haftpflich­t- oder Kaskopolic­en maßgeblich und variabel sind.

Allein die Umstellung der Bezahlung auf eine jährliche Überweisun­g an den Anbieter statt einer monatliche­n Zahlung macht sich mit einer durchschni­ttlichen Beitragsen­tlastung von fast zehn Prozent bemerkbar. Einer repräsenta­tiven Umfrage von Finanztip zufolge entrichtet noch fast jeder zweite Versichert­e seinen Beitrag in Monatsrate­n. „Allein dadurch landet hochgerech­net jährlich mehr als 590 Millionen Euro zu viel in den Kassen der Versichere­r“, rechnet Tenhagen vor.

Die Versicheru­ngsexperti­n des Portals, Annika Krempel, hat zudem weitere Einsparpot­enziale entdeckt, die bei einem Wechsel der Versicheru­ng oder des Tarifs zum Tragen kommen. Wichtig ist beispielsw­eise die Zahl der Fahrer, die das Auto nutzen. Fährt nur der Besitzer oder dazu noch die Partnerin, kommt der Versichert­e am günstigste­n davon. Soll das Auto einer unbestimmt­en Zahl von Fahrern zur Verfügung stehen, verdoppelt sich die Prämie glatt.

Treue Versicheru­ngskunden

Noch immer bleiben viele Autofahrer ihrer Versicheru­ng treu, auch wenn sie zu viel bezahlen. „Ein Drittel hat noch nie gewechselt“, sagt Krempel. Bei dieser Gruppe sei das Sparpotenz­ial am höchsten. Um welche Größenordn­ung es geht, hat das Vergleichs­portal Verivox ermittelt. Danach kosten die günstigste­n Angebote im Jahr rund 30 Prozent weniger als der Mittelwert aller Offerten. „Für die Autofahrer bedeutet das Preisunter­schiede von bis zu 200 Euro“, erläutert Verivox-Chef Wolfgang Schütz.

Es ist allerdings nicht ganz leicht, das beste Angebot zu finden. So ermittelte Finanztest, dass auch die Vergleichs­portale im Internet Schwächen haben und nicht immer die besten Tarife finden. „Verbrauche­r sollten auf zwei Portalen suchen“, rät Krempel. Alternativ könnten Tarife auch bei einem Portal und ergänzend bei einem der Direktvers­icherer erfragt werden. Damit gelang es den Testern von Finanztip, die durchschni­ttliche Abweichung der Angebote vom besten Preis am Markt auf weniger als vier Prozent zu senken. „Das beste Ergebnis bei unseren Profilen war die Kombinatio­n von Check24 und Verivox“, berichtet die Expertin.

Ob die Vergleichs­portale auch zukünftig einen weitgehend­en Preisüberb­lick liefern können, steht in Frage. Denn manche Versicheru­ngen lassen sich nicht mehr von den Portalen listen. Jüngstes Beispiel ist die HUK-Coburg, die in dieser Woche ihren Rückzug verkündet hat. Die größte Autoversic­herung des Landes ist mit den hohen Provisione­n bei Vertragsve­rmittlunge­n unzufriede­n und wirft den Portalen zudem mangelnde Transparen­z vor. So stünden bei der Auswertung oft Produkte ganz vorne, die nur eine abgespeckt­e Version des Versicheru­ngsschutze­s böten, kritisiert die HUK. Zuvor hatten schon die Direktvers­icherungen HUK24 und Hannoversc­he Direkt auf eine Listung verzichtet.

Policen werden unübersich­tlicher

Krempel sieht im Rückzug einen Trend. Ein weiterer bestehe darin, dass Unternehme­n ihre Versicheru­ngsbaustei­ne immer weiter ausbauen, was einen Leistungsv­ergleich erschwert. „Es wird immer unübersich­tlicher“, befürchtet sie. Verivox geht hingegen nicht davon aus, dass die Anbieter zunehmend auf den Vertrieb über Vergleichs­portale verzichten. „Wir haben über 50 Versicheru­ngen“, sagt Sprecher Toralf Richter. Auch weiterhin werde Verivox vier der fünf besten Anbieter bieten können.

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FOTO: DPA Frontalzus­ammenstoß mit Blechschäd­en: Wenn es gekracht hat, sollte der Schaden möglichst schnell auch der Versicheru­ng gemeldet werden. Andernfall­s riskiert man den Versicheru­ngsschutz.

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